Fehlbesetztes Duo: Nicole Kidman und Anthony Hopkins in "Der menschliche Makel/The Human Stain".

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Wien - USA, im Sommer 1998: Die Anhörungen rund um die Lewinsky-Affäre prägen das gesellschaftliche Klima und die öffentliche Meinung. In jenem Sommer lässt Philip Roth Der menschliche Makel , den dritten Teil seiner amerikanischer Trilogie, beginnen.

Der Roman breitet vor diesem Hintergrund eine Hand voll Lebensgeschichten aus, die darum kreisen, wie man wird, was man glaubt, sein zu müssen, um seine Ziele zu erreichen. Diese bewussten wie unbewussten Reinszenierungen des Selbst gehen je nach Figur unterschiedlich weit. Und sie sind außerdem sehr genau in gesellschaftliche und familiengeschichtliche Kontexte eingebunden.

Der vermeintliche Meister dieser Disziplin, der mit der perfekten Maske, ist der Altphilologe Coleman Silk: ein arrivierter jüdischer Universitätsprofessor, der seine eigentliche afroamerikanische Herkunft nicht nur im Berufsleben, sondern auch vor Frau und Kindern über Jahrzehnte erfolgreich geheim gehalten hat. Bis eine vermeintlich diskriminierende Äußerung über zwei schwarze Studenten einen Skandal provoziert, der Silks Laufbahn abrupt beendet und sein Leben eine neue Wendung nehmen lässt.

Nicht zuletzt deshalb, weil der 71-Jährige in einer 34-jährigen Angehörigen des Uni-Putztrupps noch einmal eine große Liebe findet. Eine Beziehung, die im Sommer 1998 schnell in den Geruch der sträflichen Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses gerät . . .

Die Adaptierung dieses komplexen Stoffes fürs Kino, die Regisseur Robert Benton (Kramer vs. Kramer, Nobody's Fool) und Drehbuchautor Nicholas Meyer (Sommersby, Fatal Attraction) nun vorgenommen haben, ist notwendigerweise mit erheblichen Streichungen verbunden. Der Film wählt allerdings eine Form der Reduzierung, die vor allem bereinigt, glättet und komplizierte Zusammenhänge vereinfacht. Hier wird nicht mehr lange dargestellt, entwickelt und argumentiert, sondern nur noch festgestellt und behauptet.

Beziehungsdrama

Auch am Personal hat man gespart. Während der Roman seinem Figurenensemble in vielen Verästelungen Raum gibt, rückt der Film die angefeindete Beziehung zwischen Faunia Farley und Silk - und damit seine Stars Nicole Kidman und Anthony Hopkins - in den Vordergrund.

Und damit hat er nicht nur dramaturgisch ein Problem: Kidman und Hopkins wirken schlichtweg fehlbesetzt. Erstere müht sich sichtlich (und erfolglos), als Putzfrau mit Missbrauchstrauma nur ja glaubwürdig zu wirken. Letzterer legt sich kraftmeierisch ins Zeug, um als gefallener Titan zu überzeugen. Gary Sinise - als Nathan Zuckerman - und Ed Harris geben bessere Statisten ab. In diesem Fall ist man mit der Lektüre des Buches eindeutig besser beraten. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.2.2004)