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So mag Julius Assmann über Weltkarten, Längen- und Breitengraden, Kalibern und Präzisionsparametern getüftelt haben.

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Seine Erfindungen werden 2012 neu gewürdigt.

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Julius Assmann wurde 1827 geboren, in der Ära der industriellen Revolution, die den Erfindergeist förderte und in der Wörter wie Marketing, Outsourcing etc. noch nicht erfunden waren. Als Julius Assmann 16-jährig die Lehre bei einem in seiner Heimatstadt Stettin ansässigen Uhrmacher antrat, hatte er noch keine Ahnung, dass jener gefragte Erfindergeist schon in ihm wohnte, geschweige denn wohin dieser ihn noch führen würde.

Nach bestandener Gesellenprüfung verdingte Assmann sich in Berlin - aber keineswegs mit normaler Gesellenarbeit wie Montieren und Polieren. Er erfand Neues, und zwar unablässig. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich der Weg des jungen Wilden und jener von A. Lange & Cie, der nobelsten Manufaktur der Uhrmacherhochburg Glashütte nahe Dresden, kreuzen sollten. Nach verschiedenen horologischen Kollaborationen wie etwa die an der Glashütter Präzisionstaschenuhr (1865) wurde die J. Assmann Deutsche Anker Uhren Fabrik gegründet, powered by Ferdinand Adolph Lange, und zwar finanziell wie ideell.

Beobachtungsuhr

Assmann erfand weiter, wirkte aber auch in der Theorie. Als Redakteur der Uhrmacherpostille "Spiralia" und als Mitgründer und letztlich Aufsichtsratsvorsitzender der Glashütter Uhrmacherschule floss sein Wissen in alle Kanäle der sächsischen Uhrmachertradition.

Nun hat sich Glashütte Original, einer der großen Player im sächsischen Tal der Uhrmacherkönige, eines Aspekts der Assmann-Legende besonders angenommen, und zwar der Beobachtungsuhr, die im Zusammenspiel mit nautischen Instrumenten dem Seemann zur Positionsbestimmung dient. Mit einer Assmann'schen Beobachtungsuhr soll sich der norwegische Polarhaudegen Roald Amundsen 1911 auf seinen Weg in die Antarktis gemacht haben. Das verstanden die Glashütter zum hundertsten Jubiläum quasi als Auftrag zur Hommage und legten eine neue Version der Beobachtungsuhr in Weißgold und limitierter Edition auf. Und weil es so schön war, gibt es sie ab jetzt für alle. Die Senator Observer in Edelstahl mit lackiertem und mit Silberkörnung oder grauer Körnung überzogenem Zifferblatt lehnt sich designmäßig an die frühen Beobachtungsuhren aus der Werkstatt Assmanns an. Im 44 Millimeter messenden Gehäuse schlägt ein Automatikherz (Kaliber 100-14), das entspiegelte Saphirglas erlaubt die bei jeder Wetterlage ungestörte Durchsicht auf die Gangreserve-Anzeige auf drei Uhr und auf die Panorama-Anzeige, Glashütte- Style, auf sechs Uhr, die kleine Sekunde auf neun Uhr.

Genderfragen

Den Geist der Zeit und des Ortes ehrt Glashütte Original nicht nur auf ihrem höchsteigenen Terrain. Das Unternehmen fördert mit seinem Sponsorship für die Berlinale das Programm Perspektive Deutsches Kino. Bei den soeben zu Ende gegangenen Festspielen wurde die Regisseurin Katarina Peters für den Film "Man for a Day" mit einer aus der Lehrwerkstatt von Glashütte Original stammenden skulpturalen Trophäe wie mit einem ordentlichen Geldpreis bedacht. Peters Semidokumentation folgt einer Gruppe von Frauen, die unter Anleitung einer Performance-Künstlerin ausprobieren, wie es ist, ein Mann zu sein. Der Film erörtert Genderfragen, wirft in hartem Licht einen Blick auf die Geschichte des Feminismus und stellt die Befindlichkeiten und Lebenswelten von Frauen im Berlin der Jetztzeit dar. Ein Film, der in dieser Ungeschminktheit nur in Berlin entstehen kann und ein mutiger Schritt für einen Sponsor, solches zu unterstützen. Hier Parallelen zum Glashütter Uhrenmacher zu erkennen, ist erlaubt. (Bettina Stimeder/Der Standard/rondo/02/03/2012)