"Alkohol in Maßen genossen schadet auch in größeren Mengen nicht."

Foto: Matthias Cremer

+++Pro
Von Ronald Pohl

Von der alten Zeit heißt es für gewöhnlich, dass sie gut gewesen sei. Ein Burgenländer mit enorm breiter Nase war Bundeskanzler. Auf Karikaturen hielt dieser melancholische Mann ein Viertelweinglas in der Hand. Der Genuss des holden Rebensaftes richtete sich nach den Bedürfnissen der damaligen Winzerschaft, die ihre Gärprodukte in Kartons verpackte, mit Glykol versetzte oder ihnen klingende Namen wie "Saurüssel" oder "Hosentürl" beilegte.

Heute mögen einen derartige Kulturpraktiken vorsintflutlich dünken. In den Zeiten, von denen hier nostalgisch die Rede ist, kippten übellaunige Wirte Bacchus' berauschenden Saft aus dunkelgrünen Doppelliterflaschen. Der Grad des Genusses bemaß sich an der ausgeschenkten Menge. Und wer hätte es sich getraut, einen Wirt zur Verabfolgung schnöder Achtelliter zu drängen? Es war eine auf vertrackte Weise gute Zeit! Die Kriterien hießen: "Sockenstopfer" oder "Heckenklescher". Man war tapfer und bemühte sich um Fassung. Bisweilen betrachtete man verstohlen den eigenen Mageninhalt.

Kontra---
Von Sigi Lützow

"Alkohol in Maßen genossen schadet auch in größeren Mengen nicht", stellte einst der legendäre Oberstdorfer Bergsteiger Anderl Heckmair (Eiger! Nordwand!) fest. Heckmair wurde fast hundert Jahre alt. Als Maß-geeichter Bayer aus dem Oberallgäu wusste er nur zu genau, dass einem von einem Seidel Bier schlecht wird. Maßhalten war für ihn aber nicht nur eine fast täglich geübte Praxis, sondern auch eine Lebenseinstellung. Ihn zum Vorbild zu wählen kann sicher nicht schaden.

Warum das hässliche Viertel, das den achten Teil der grauslichen Brut des potthässlichen Dopplers aufnimmt, abzulehnen ist, steht ja eigentlich oben zu lesen, weshalb hier dem zumeist formschönen Achtel ein Lob gesungen werden soll, und zwar nicht nur deshalb, weil es die Flucht ermöglicht oder aber den Heimgang hinauszuschieben im Stande ist. Das Achtel, dem im Gegensatz zum Viertel fast unzählige weitere folgen können, symbolisiert den Sieg des Genusses über die Wirkung, ohne diese auszuschließen. Das ist ganz in Heckmairs Sinn. (Der Standard/rondo/27/01/2012)