Ein Stück Schokolade ist immer zu wenig.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Alois Pumhösel

Ach, der liebe Advent! Endlich ist es wieder so weit. In den zuckersüß dekorierten Schaufenstern, auf den weihnachtlich beleuchteten Straßen, auf den Christkindl- und in den Supermärkten, überall kündigt sich das große Fest an, überall sind sie schon zu sehen: all diese haarsträubenden Geschmacklosigkeiten, der bunte Kitsch, der hohle Tand. Anthropologisch mag es mit der Kälte zu tun haben, die die Menschen in die vermeintlich wärmende, aber letztendlich nur stillose Kompensation treibt. Anders sind die gold-roten Tischdekorationen aus einem Disney-Rokoko, die endlose Völlerei und die Adventkalender, die bei gefühlsduseligen Mittdreißigern beliebter als bei ihren Kindern sind, nicht zu erklären. Den letzten Vernünftigen bleibt nur die Guerilla-Taktik: Das mindeste, das man gegen das fehlgeleitete Fest tun kann, ist, alle Adventkalender zu plündern, deren man angesichtig wird. Also: Schwärmt aus! Geht in die Nachbarbüros! Macht alle Fenster auf einmal auf! Die Revolte beginnt im Kleinen. Und ein Stück Schokolade ist immer zu wenig.

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Kontra---
Von Michael Freund 

Im Büro liegt seit Wochen ein Adventkalender herum, mit 24 Stück Schokolade drin, an dem muss ich dauernd vorbeigehen. Das formt bekanntlich den Charakter. Vor Jahrzehnten hat ein Forscher herausgefunden, dass Kinder, die bereit waren, eine Zeitlang auf Süßigkeiten zu verzichten, später kompetenter in Schule und Beruf und überhaupt bessere Menschen wurden. Dabei ging es nur um Marshmallows, da hätte ich auch verzichten können und wäre ein besserer Mensch geworden. An Schokolade im Adventkalender konnte man das nicht an mir testen, weil es das früher gar nicht gab (die Bensdorps und Naps waren eh in der Kaffeedose hinter den Tellern versteckt). Das prägt natürlich, und noch heute sind für mich nur die zweidimensionalen Kalender das Wahre, egal ob mit Weihnachtsmann vorne drauf oder mit Onkel Donald. Und nie würde ich aus den neumodischen vorzeitig Schokoladestücke privatisieren. Sie sind eh meistens nicht besonders gut. Und sehr klein. Und oft schon ziemlich alt. Vielleicht vom letzten Jahr? (Der Standard/rondo/25/11/2011)