Bild nicht mehr verfügbar.

Selbst das fescheste Fensterglas ist früher oder später durchschaubar.

Foto: APA

+++Pro
Von Nadine Obermüller

Immer beschweren! Die Gläser würden beim kleinsten Temperaturunterschied anschlagen, die Fassung auf die armen Nasen drücken, und hübscher wären sie ohne eigentlich auch. So manche Brillenschlange klagt nur allzu gern über ihr Schicksal. Dass aber Leute existieren, die ihre Nüstern sogar gern jeden Tag beschwert wüssten – das kommt ihnen nicht in den Sinn! Und wenn doch, recht ist es ihnen auch nicht. Die wollen keine Nachahmer ohne Dioptrien sehen! Schuld an der Misere sind vermutlich Hollywoodfilme – da wo Frau und Mann erst als wunderschön erkannt wurden, nachdem man ihnen die Brillen abgenommen hatte. Auch wenn es sich heute anders verhält, die schönsten Menschen gar die hornigsten Brillen spazieren tragen: Sowas bleibt hängen! Der ehemalig Ausgegrenzte, auch echter Brillenträger, will den langwierigen sozialen Aufstieg der Brille jetzt nicht mit den sehstarken Fake-Brillenträgern teilen müssen. Vielleicht nachvollziehbar, aber auch ein klarer Fall von sehschwachem Snobismus.

Kontra---
Von Andrea Heigl

Brillen nerven. Nicht so sehr wie Kontaktlinsen, weil sie einen nicht zwingen, sich im eigenen Auge herumzufummeln und tagein, tagaus mit seltsamen Chemikalien zu hantieren. Aber Brillen sind ständig verschmiert, nie dort, wo man sie gerade sucht, sie sind beschlagen in den unmöglichsten Situationen und beim Schmusen im Weg. Es ist ein Horror, sie auszusuchen, und hat man dann endlich ein sauteures, aber schickes Modell gefunden, hat man sich garantiert nach ein paar Monaten daran sattgesehen.

Das alles dürfte sich unter den Adleraugen noch nicht herumgesprochen haben. Sie, die uns Brillenträger einst beim Sehtest im Kindergarten und beim blinden Herumtapsen während der Turnstunde ausgelacht haben, meinen auf einmal, Brillen wären cool. Oder sexy. Oder würden ihren Träger mit einer Aura von Intelligenz umgeben. Falsch, falsch und nochmal falsch. Selbst das fescheste Fensterglas ist früher oder später durchschaubar.

Wer wüsste das besser als das gelernte Vierauge. (Der Standard/rondo/14/10/2011)