Tipp: Über Blumenzwiebel, Strauchclematis und spannende Gartengestaltung kann man sich im Rahmen der FLORA MIRABILIS, Wiens herbstlicher Gartentage, vom 30. 9. bis 2. 10. im Schloss Neugebäude zu Simmering intensiv austauschen. Spannende Vorträge und Pflanzenversteigerungen runden das Programm ab.

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Ruhe, Kontemplation, das Spüren des Flows ... einer Blitzumfrage zu Folge sind dies die Vorzüge gärtnerischer Tätigkeiten. Um uns selbst Gutes zu tun, hegen und pflegen wir Pflanzen, zumeist in Freigehegen, aber auch in Wohnung genannten Käfigen. Diese grundegoistische Tätigkeit bringt mitunter schöne Ergebnisse zutage. Jeder kann sich austoben, jeder kann seine individuellen, ästhetischen Konzepte verwirklichen.

Gärtnerische Tätigkeit bedeutet aber auch viel Ärger. Wer scheitert schon gerne, und wer gibt das auch noch zu? Jeder Garten beherbergt seine Leichen. Leichen, die vormals in vitaler, repräsentabler Pracht vom Gärtner geholt wurden. Als Puzzlestein des jeweiligen Gartenkonzepts waren diese späteren Leichen vorgesehen, voll Enthusiasmus eingesetzt und in den Folgetagen mit Liebe betrachtet worden. 

Mäntelchen des Schweigens

Nach dem Kümmern und dem daraus schlüssig einsetzenden Überdüngen folgt dann der Pflanzentod, und die Pracht landet vertrocknet, verwelkt auf dem Kompost. Darüber legt man dann noch ein Mäntelchen des Schweigens und präsentiert bei der nächsten Gartenführung nur die üblichen Robustlinge, die eh auf jedem Acker gedeihen.

Die oftmals kurze Halbswertszeit neuer Gartenkohabitanten liegt mitunter am lausigen Einsetzverhalten der Gärtner. Und das Einsetzen der Pflanzen ist auch mir verhasst. Zuerst muss man einen Platz für die Staude, das Gras oder den Kletterer finden. Hier setzt bereits ein erstes Scheitern ein. In einem anständigen Garten gibt es keinen Platz mehr.

Sollte sich doch noch ein Eckerl Erde finden lassen, so wird man beim Hineinstechen mit dem Spaten bestimmt auf die sauteuren Safranzwiebel treffen oder das Rhizom einer längst vergessenen Clematis zerstören. Einsetzen hat vorweg einmal immer mit Zerstörung anderer Pflanzen zu tun. Und ist es keine Pflanze, so teilt man einen Wurm entzwei. All das stresst gewaltig. 

Loch, Zwiebel, Erde

Ich hasse Einsetzen. Wie es richtig geht, weiß man eh längst. Ein Loch, doppelt so groß wie der Wurzelballen, möchte ausgehoben und mit feinem Kompost ausgekleidet werden. Der gut gewässerte Wurzelballen wird nun locker eingesetzt, und der Raum zwischen Loch und Ballen mit feinster Braunerde oder gar Tschernosem bedeckt und fest angedrückt. Nach dem Wässern bleibt nur noch die Freude am Gelingen über. Die Realität sieht anders aus: Wo ist Platz, Spaten rein, Spalt öffnen, Pflanze reinquetschen, Spaten wieder raus, Spalt zu, und gut ist. Daher habe ich auch so einen großen Komposthaufen, diese Prozedur überleben nur die toughsten Mitbringsel.

Ich hasse Einsetzen. Aber das wird sich ändern. Das Geschenk, ein Sack mit 300 Tulpenzwiebeln, wird Demut lehren und viel Gelegenheit zum Üben geben. Wo sollen 300 Tulpenzwiebel Platz finden? Und wer zum Teufel soll die Hacke erledigen? Loch, Zwiebel, Erde. Loch, Zwiebel, Erde. Loch, Zwiebel, Erde. Früher hat man Kinder bestraft, in dem sie irgendetwas 300-mal schreiben mussten. Jetzt sind es halt die Tulpenzwiebel.

Andererseits hat das Zwiebel-in-die-Erde-Drücken auch seine angenehmen Seiten. Es können keine Triebe dabei abbrechen, man braucht eigentlich nicht zu wässern, die Zwiebel stehen noch niemandem im Weg herum und nehmen damit auch keinen Platz weg. Und wenn man es genau bedenkt, ist es eine durchaus kontemplative, herbstlich ruhige, Flow bringende Tätigkeit, die man nicht hoch genug einschätzen kann. (Der Standard/rondo/30/09/2011)