Nguyen Thi Hong Thuy (l.) und ihr Mann Nguyen Huu Phuoc haben am Wiener Karlsplatz ein vietnamesisches Restaurant eröffnet.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Nguyen Huu Phuoc kam 1981 mit vier Jahren nach Österreich - die Familie war wie hunderttausende andere als Boatpeople aus dem kommunistischen Land geflüchtet. "Ich bin so froh, als Vietnamese geboren zu sein", sagt er in akzentfreiem Deutsch, "so konnte ich den einzigartigen Geschmack dieser Küche kennenlernen." Seine Frau Thi Hong Thuy, die die Küche des neuen Restaurants schupft, steht neben ihm und strahlt vor Freude wie die Morgensonne. Einerseits, weil ansteckender Frohmut bei ihr ein stark ausgeprägter Wesenszug sein dürfte und anderseits, weil Huu Phuoc natürlich recht hat.

Die vietnamesische Küche wird von Auskennern als eine der variantenreichsten, zugleich aber auch leichtesten Küchen überhaupt charakterisiert. Das Spiel der Texturen und Aromen wird hier seit Jahrhunderten auf einem Niveau und in einer Breite gepflogen, wie sonst nirgends. Als klassisch darf die Kombination aus knusprig, knackig und cremig gelten, wie sie etwa bei den Nem-Rollen zum Ausdruck kommt. Im Vietthao gibt es sie mit Tofu, Schweinefleisch oder, am besten, mit Garnelen. Die knusprige Hülle umschließt eine hocharomatische Fülle, die Rollen werden in Salatblätter und Kräuter (Minze!) gewickelt, in einen Dip aus Nuoc-mam-Fischsauce, Limettensaft, roten Chilis, etwas Zucker und gerösteten, gemörserten Erdnüssen getaucht und ... aah! Das schmeckt wieder und immer wieder zum Anbeißen gut.

Es braucht Zeit

Auch sonst sind speziell die Vorspeisen zu empfehlen. Etwa gerollter Reisteig mit Schweinefleisch und Morcheln, garniert mit gerösteten Schalotten, Sojasprossen und, natürlich, süßem Basilikum und Koriander. Die schlutzig-hauchfeine Hülle umschließt das mürbe Fleisch, auch hier sorgen knackige Sojasprossen wieder für Texturkontraste. Eine Küche wie diese braucht Zeit, allzu eilig sollte man es im Vietthao deshalb nicht haben.

Der Reisnudelsuppentopf Phô erscheint hier noch komplexer, würziger abgeschmeckt als bei vergleichbaren Vietnamesen und weckt speziell zu Mittag auf unvergleichlich effektive Weise die Lebensgeister. Wichtig: Die mitgelieferten Kräuter und Sprossen in die Suppe rühren, wie auch ein paar kleingeschnittene Chilis sowie ein paar Spritzer Nuoc mam. Das Villacher Bier stillt auf bewährt geschmacksfreie Weise den Durst - dabei bietet die Weinkarte mit Flaschen von Loimer über Petra Unger bis Heinrich deutlich bessere Unterhaltung! (Severin Corti/Der Standard/rondo/23/09/2011)