Kreisrunde, wie ausgestanzt wirkende Löcher in den Blättern der Fredensborg-Rose: ein Werk des Dickmaulrüsslers, wie manche fürwitzig meinen - oder doch eher jenes der Tapeziererbiene?

Foto: Gregor Fauma

Wir Gartelgötter simpeln ja ganz gerne fach und hauen uns dabei zwischen den Zeilen die Kopfpölster nur so um die Ohren. Dezenter Hohn und direkte Niedermache gehen Hand in Hand mit spöttelndem Lob.Das hört sich ungefähr so an: "Was, diese Rose wird überhaupt noch gezüchtet? Wo haben Sie denn die her? Na ja, mir liegt ja das Simple, das Grelle nicht so sehr - aber Ihr Garten wird wirklich von Jahr zu Jahr, äh, interessanter ..."

Wahre Anerkennung hingegen blitzt kurz in der Bitte um Ableger, Samen oder Düngerezepturen auf: "Bringen Sie auch Ihren abendlichen After-Fish-Feces aus?", wird aber kaum direkt ausgesprochen. Gute Gärtner verstehen einander auch ohne viele Worte. Die Streber, die Nachkömmlinge, die aufstrebende Jeunesse jardinière jedoch spielen in jedem Gespräch Gartentrumpfkarten gegeneinander. Sie kennen von jeder Pflanze die gewinnenden Qualitäten, geben Kenntnis zu den Leitwerten des optimalen Gießwassers an und bestäuben ihre importierten Raritäten mit Rhinonasenhaarpinseln.

Irrlichter

"Ha, meine Château-Reibach-Rose hat einen Punkt mehr in der Kategorie Duft und zwei mehr in der Wüchsigkeit als dein Bad-Schallerbach-Verreckerl ...!" Wenn die Rotzlöffel dann einmal fertig sind, ihr Pulver verschossen haben und meinen, ihr Gegenüber würde jetzt eingeschüchtert das Weite suchen, so irren diese Irrlichter.

Das Gegenüber stand nämlich dieser Tage vor seiner Fredensborg-Rose (hüstel) und wunderte sich über die kreisrunden Einbuchtungen auf den Blättern. Als ob jemand große Konfetti aus ihnen herausgestanzt hätte.

Dickmaulrüssler, meinte ein Irrlicht, und setzte damit alles auf eine Karte. Aber geh! Der Gefurchte Dickmaulrüssler Otorrhynchus sulcatus muss eh immer für alles herhalten. Die wildesten Geschichten werden über ihn ausgetauscht - man höre ihn zum Beispiel des Nachts beim Kauen schmatzen, und wenn man sich ihm nähert, lässt er sich einfach zu Boden fallen, um dort bis zur nächsten Nacht zu verschwinden. Der Dickmaulrüssler frisst so ziemlich alles: Eiben, Kirschlorbeer, Primeln, Rhododendron und sogar Farne sind nicht vor ihm sicher.

Blattkonfetti

Er hinterlässt an den Blättern halbrunde Fraßspuren - wodurch er auch gut bestimmbar ist. Nächtliches Absammeln hilft ein wenig, aber wichtiger ist die Jagd auf seine Larven, denn diese sind wahrhaftige, sich durch Wurzeln fressende Pflanzenmörder, denen es im Frühjahr mit Nematoden auf die Pelle zu rücken gilt. Was Rapidlern die Austria, ist dem Gärtner der Dickmaulrüssler.

Wie ärgerlich nur für das Irrlicht, denn es irrte. Es sind in meinem Fall nämlich Tapeziererbienen, die ihrem Namen nachkommen. Diese auch Blattschneiderbiene genannte Megachile ist ein gar wunderbarer Hautflügler, der mit seinen Mandibeln kreisrunde Konfetti aus Blättern schneidet, um mit diesen das Kinderzimmer der Brut auszutapezieren.

Die Rosen sehen wild aus, jede Blattverletzung öffnet Viren, Pilzen und Bakterien den Zugang zur Pflanze, aber wenn man ein wenig Ahnung von der Rosenhege und -pflege hat (hüstel), besitzt man eh nur kerngesunde Raritäten, welche diese kurzen Interventionen locker wegstecken ... so oder so ähnlich kann man das dann den gärtnernden Emporkömmlingen verklickern. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/19/08/2011)