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Gebräuntsein steht für gutes Aussehen, da können Hautärzte mahnen und jammern, wie sie wollen.

Foto: APA/ANDREAS LANDER

Sonnenanbeter leben in ihrer eigenen Welt. Das haben Wissenschafter der University of Texas in einer Studie unter 362 Sonnenstudiobesucherinnen feststellen können. Mehr als die Hälfte der Probandinnen kannte die Gefahren der UV-Strahlung, nur ein Drittel gab an, nichts über den von UV-Licht ausgelösten Hautkrebs oder der vorzeitiger Hautalterung zu wissen. Gebräuntsein steht, seit Coco Chanel, dies salonfähig machte, für gutes Aussehen, da können Hautärzte mahnen und jammern, wie sie wollen.

Forscher der University of Texas konnten in einer Studie unter 145 "beach- goers", also Leuten, die jeden Tag an den Strand gehen, feststellen, dass diese deutlich Zeichen von regelrechter Abhängigkeit aufweisen. Tanorexie ist eine Wortneuschöpfung, die dieses Phänomen präzise zu bezeichnen versucht. Es setzt sich aus dem englischen Begriff "tan" (bräunen) und Anorexia nervosa (Magersucht) zusammen. Bei Anorexie empfinden sich Menschen stets als zu dick, bei Tanorexie immer zu blass - beides ist eine Störung der Eigenwahrnehmung und in seiner krassen Ausprägung als psychiatrisches Problem einzustufen.

Die Wiener Hautärztin Alice Pinc hat zu viele Hautschäden gesehen, um der Sonne gelassen gegenüberzustehen. "Niemand will Krebs, keiner will alt sein, die einfachste Maßnahme ist, sich gegen Sonnenstrahlen zu schützen", sagt sie.

Durch die Hülle

Ihr Trick, Patienten die Gefahren der Sonne zu erklären: "Das "B" in UVB-Strahlen steht für Brand, also Sonnenbrand. Er kann die gesamte Hautoberfläche betreffen und schädigt die Erbsubstanz. Das "A" in den UVA-Strahlen hingegen steht für Alterung. Das langwellige Licht passiert die schützende Hülle des Körpers quasi unbemerkt und treibt ihr Unwesen in den unteren Hautschichten. Pigmentstörungen und Elastizitätsverlust sind die sichtbaren Folgen, meist ab dem 35. Lebensjahr.

Wer Pech hat, kriegt Hautkrebs, das maligne Melanom ist die gefährlichste Form, weil sie unentdeckt Metastasen in andere Körperorgane streut und damit tödlich ist. Was Pinc ihren Patienten gegenüber stets auch noch betont: Der Körper sammelt die UV-Dosis über die Jahre an, akkumuliert sie. "Vor allem Sonnenbrände in der Jugend hätten sich als hochriskant für späteren Hautkrebs herausgestellt. Die Empfehlung der Hautärzte lautet unisono deshalb auch: Kinder unter eineinhalb Jahren gehören in den Schatten.

Sollten auch Erwachsene also lieber gar nicht in die Sonne? "Auch mit einem Faktor 50 wird man braun, es dauert halt nur länger", sagt Pinc. Sie weiß: Die meisten Menschen in unseren Breiten sind Hauttyp III mit einer Eigenschutzzeit von 20 Minuten. Der Lichtschutzfaktor gibt an, um wie viele Minuten sich diese Eigenschutzzeit verlängert. Die Rechnung ist einfach: Wer Faktor 50 schmiert, kann 16 Stunden in der Sonne sein, "wobei zu bedenken ist, dass man beim Wandern durch die Höhe und am Strand durch den reflektierenden Sand immer einer wesentlich höheren Dosis ausgesetzt ist.

Ein Kronkorken pro Arm

Empfiehlt Pinc chemische oder physikalische Sonnenschutzfilter? "Egal, solange man von beidem genug aufträgt", sagt sie. Zwei Gramm pro Quadratzentimeter Haut sei die Faustregel. Ein Hauttyp III, 1,60 groß und 58 Kilogramm hat 1,6 Quadratmeter Körperoberfläche und müsste 32 Milliliter pro Sonnenbad schmieren. Wer 1,80 Zentimeter groß ist und 80 Kilo wiegt, sollte 40 Milliliter für ein Sonnenbad auftragen. In anderer Maßeinheit: ein Kronenkorken voll Creme pro Arm ist die ideale Menge. Geiz mit Sonnencreme ist hinsichtlich der Schutzwirkung also gar nicht geil, lieber eine Flasche mehr als eine zu wenig für den Urlaub einpacken.

Positiv ist für die Wiener Hautärztin auch die Jahr für Jahr wachsende Vielfalt unterschiedlicher Texturen. Je trockener und älter die Haut ist, umso reichhaltiger sollten Cremen sein. Wer zu Akne oder fettiger Haut neigt, ist mit Fluids und Gels besser beraten, auch beim Sport sind fettfreie Produkte eher geeignet. Und ganz wichtig: Wer schwitzt oder badet, wäscht sich einen Teil seines Sonnenschutzes auch wieder runter.

Die gefährlichsten Tage für zu viel Sonne sind übrigens die letzten Urlaubstage. Dem Anflug von Tanorexie sollte man besonders dann widerstehen. (Karin Pollack/Der Standard/rondo/17/06/2011)