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Summer Samba, Yppenplatz / Ecke Yppengasse, 1160 Wien bei Schönwetter tgl. 13-22 Uhr, Samstag ab 10 Uhr, Tel.: 0664/41 42 791

Eisgreißler, Rotenturmstr. 14, 1010 Wien, tgl. 10-22 Uhr

Foto: P.Lippmann/photocuisine/Corbis

Am Ottakringer Yppenmarkt, wo die Wiener aus aller Welt sich so integrationsfähig zeigen, wie sie selbst kaum glauben mögen, hat vergangene Woche ein Eis- salon aufgemacht, der ziemlich fremdländisch aussieht. Der grau ausgemalte Raum wird von einer einzelnen Neonröhre ausgeleuchtet, bis auf einen besenförmigen Bambus-strauch und ein paar unterdimensionierte Brasilien-Poster an den Wänden fehlt jegliche Einrichtung. Dafür strömt die unendlich sanfte Stimme von Gilberto Gil aus einem klapprigen Lautsprecher, und es gibt Eis aus Früchten, von denen kaum ein ordentlicher Einheimischer je etwas gehört hat.

Sie heißen Açaí, Acerola oder Graviola, Pitanga, Umbu und Tapereba - und sie stammen fast ausnahmslos aus dem Dschungel und den Steppenlandschaften Brasiliens. Nach Wien sind sie dank Waltraud und Wolfgang Marschall gekommen. Dem proper gekleideten, nicht mehr ganz jungen Ehepaar aus Ried im Innkreis haftet rein gar nichts Exotisches oder gar Wildes an - vielleicht wirkt es deshalb fast ein wenig fehl am Yppenplatz. In Manaus hingegen, in Belem, auch in Rio de Janeiro - da kennen die Marschalls sich aus. In früheren Jahren haben die beiden an brasilianischen Universitäten Deutsch gelehrt, seitdem lässt das Land mit dem speziellen Rhythmus sie nicht mehr los.

Ohne künstliche Aromastoffe

Deshalb gibt es das Eis jetzt auch in Wien. Zum ersten Mal gekostet haben sie es in der Sorveteria Cairu in der Amazonasmetropole Manaus, einem Etablissement, das, so Marschall, "in ganz Brasilien berühmt ist". Man glaubt es gerne, denn auch das Eis vom Yppenplatz schmeckt auf erstaunliche Weise sehr gut.

Die Früchte mit den wilden Namen werden als Pürees tiefgefroren importiert und vom Eissalon Spitzer in Laxenburg (dessen Betreiber einst bei Wolfgang Marschall in Ried maturiert hat, daher die Verbindung) nach einem speziellen Verfahren in cremiges Eis verwandelt - ohne künstliche Aromastoffe, mit verhältnismäßig sehr wenig Zucker, bis auf zwei Ausnahmen lactosefrei und auch sonst ganz zeitgemäß. Ein Mitglied des Cairu-Familienclans reiste extra aus Manaus an, um die Technik vorzuführen.

Erfrischende Säure und lockende Süße

Farblich macht das Eis aus dem Dschungel nicht so viel her. Am intensivsten ist noch das Gelb der Sorte Mango, ansonsten herrschen eher Pastelltöne vor. Geschmacklich aber, da geht's anders ab. Es ist eine ganz eigene Form von lustvollem Spiel aus erfrischender Säure und lockender Süße am Gaumen, die fast alle Sorten auszeichnet. Kommendes Jahr soll der Shop auch ganz anders aussehen, da wird um eine "Suco Bar" erweitert, wo die Fruchtpürees nach brasilianischem Vorbild in köstlich kühle "Vitaminhas" verwandelt werden - also das, was in unseren Breiten nunmehr Smoothie heißt.

Eine ganz andere Art von Eis wird seit ein paar Wochen im innerstädtischen Ambiente der Rotenturmstraße geboten: Der Eisgreißler kommt zwar aus der Buckligen Welt, das winzige Geschäft aber ist auf eine Art gut gestaltet, dass man augenblicklich gute Laune bekommt - was gerade in der Rotenturmstraße mit ihren künstlich aromatisierten Seifenshops und Fastfood-Hütten schon eine ziemliche Leistung ist. Dementsprechend steht vor dem weiß-blau karierten Laden mit der altmodischen, an eine Drogerie erinnernden Einrichtung auch von früh bis spät die Kundschaft an.

Nicht so gängige Sorten

Anita und Georg Blochberger aus Krumbach in der Buckligen Welt haben mit dem Lokal einen Weg gefunden, der europaweiten Milchkrise zu entgehen. Die beiden sind Bio-Milchbauern, sie verarbeiten das Produkt ihrer Kühe, achten darauf, die anderen Zutaten möglichst regional einzukaufen und spezialisieren sich zunehmend auf eher nicht so gängige Sorten wie Birne, Holunderblüte, Alpenkaramell oder auch Ziegenkäse/Basilikum. Das Eis ist frei von künstlichen Aromastoffen, was nur ganz wenige Konkurrenten von ihrem Produkt auch behaupten dürfen. Man schmeckt es auch: Speziell die nussigen Sorten kommen doch deutlich weniger imposant am Gaumen an, als man das bisher von Nocciolone, Haselnuss und Co zu erwarten gelernt hat. (Severin Corti/Der Standard/rondo/03/06/2011)