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Das "a" stammt aus einem ersten Entwurf für eine Hausschrift für die Deutsche Post.

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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"lm" stammt aus einer Zeichnung eines Alphabets im Entwurfsprozess der FFMeta,...

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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...das "n" ist aus einem zweiten Entwurf einer Leseschrift mit Serifen für die Deutsche Bahn.

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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Ansonsten sind diverse Detailaufnahmen aus dem Prozess des Schriftentwerfens...

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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...sowie das Ausstellungsplakat zu "Schriftgestalten" zu sehen.

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

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Erik Spiekermann

Foto: Erik Spiekermann, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung / Jens Winter

Er selbst sei ja nur ein armes Würstchen, sagte Erik Spiekermann bei der Eröffnung seiner Ausstellung Schriftgestalten im Berliner Bauhaus-Archiv. Spiekermann ist für seine Redefreude bekannt. Und er ist bekannt dafür, dass er sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Der Designer, Typograf, Schriftenentwerfer und Gründer der legendären Designagentur MetaDesign bezeichnet sich gern als "Plappermaul". Über seinen wohl größten Feind, die via Windows verbreitete Schrift Arial, sagt er: "Hässlich! Unleserlich! Umweltverschmutzung!" Den Klassiker unter den modernen Schriften, die Helvetica, beschreibt er als "Mann ohne Eigenschaften".

Spiekermann - ein armes Würstchen? Der Mann mit dem recht braven Blick und den schnellen Worten hat unsere Zeit, unsere Welt maßgeblich mitgeprägt. So maßgeblich, dass wir es kaum bemerken und wissen. "Kommunikation ist am besten, wenn man sie nicht bemerkt", sagt dieser Spiekermann, dessen Name die wenigsten kennen dürften, obwohl die meisten ganz sicher schon einmal ein Produkt von ihm gesehen haben.

Lesbarer, anschaulicher, verständlicher

Der 63-Jährige macht die Welt lesbarer, anschaulicher, verständlicher, funktionstüchtiger. Er entwirft beispielsweise Schriften wie den Klassiker der Neunziger und frühen 2000er: die FF Meta, eine schmale, gut lesbare, zeitlos elegante Schrift, die Spiekermann ab 1984 für die Deutsche Post entwickelt hatte (die die Schrift für ihr Unternehmen aber ablehnte). Die FF Meta wurde Anfang dieses Jahres in die Architektur- und Design-Kollektion des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen.

Genau wie drei weitere Schriftfamilien, die Spiekermann kreiert hat. Diese Schriften hängen im Ausstellungsraum des Bauhauses auf großen, schwebenden Plakaten von der Decke. Als Besucher kann man so gewissermaßen zwischen ihnen hindurchgleiten und bekommt ein Gefühl dafür, wie sehr Schriften unseren Alltag beherrschen, wenn sie gut gestaltet sind.

Über Buchstaben und Schriften kann Spiekermann, der in diesem Jahr für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Designpreis der Bundesrepublik Deutschland geehrt wurde, stundenlang reden. Er sagt: "Ich habe zu Buchstaben schon ein sehr emotionales, wenn nicht sogar libidinöses Verhältnis, weil ich sie einfach gerne mag, weil ich gegenüber anderen Leuten den Vorzug habe, dass ich nicht nur lese, sondern noch eine Stufe weitergehe. Vielleicht ist das wie bei einem Musiker - der hört ja mehr als Musik, der hört eben Töne, und ich sehe Buchstaben und bin mit ihnen sehr eng befreundet."

Diese innige Beziehung zu dem Stoff, der uns verbinden und unser Leben einfacher gestalten soll, ist ohne Frage Spiekermanns Vorzug als Designer, der zwar kein abgeschlossenes Studium vorweisen kann, aber eine starke Neigung zum Handwerk. Im deutschsprachigen Raum hat er wohl als einer der ersten in der Nachkriegszeit verstanden, wie systematisch, durchdacht und komplex der Zusammenhang von Buchstaben, Schrift, Sprache und ihrem Erscheinungsbild sein muss, damit ein gutes Schrift-Design effektiv sein kann. Für Unternehmen spielt dies bekanntlich eine essenzielle Rolle. Und deswegen war es nur folgerichtig, dass Spiekermann zu einem der gefragtesten Experten, Autoren und Unternehmer für diffizile Corporate-Identity-Systeme wurde.

Dschungel undurchdringlicher Schriften

Einige der erfolgreichsten Produkte Spiekermanns sind in Berlin ausgestellt - mit Arbeitsplänen, Entwürfen für Schrifttypen, Logos, Signets, Briefpapieren, Flyern etc. in verschiedenen Arbeitsphasen, wodurch man einen guten Eindruck bekommt, wie verflixt detailreich und kleinteilig der Kreativprozess für das Gestalten eines guten Erscheinungsbildes und die "Inszenierung einer Botschaft in der Fläche" sein muss.

Da ist zum Beispiel der U- und S-Bahn-Plan, das Leitsystem und das Erscheinungsbild der Berliner Verkehrsbetriebe. Bevor Spiekermann zur Tat schritt, war das alles ein undurchdringlicher Dschungel an unterschiedlichen Schriften, Logos und Farben. Spiekermann gab der BVG mit den Farben Gelb und Grau ein unaufgeregtes, modernes Bild, entrümpelte und strukturierte die Fahrpläne. Er machte überhaupt das ganze Erscheinungsbild so freundlich und angenehm, dass sich selbst der wütendste BVG-Kunde innerhalb von wenigen Sekunden nach Ausbruch der Emotionen wieder beruhigt.

Teamarbeiter, Netzwerker und Kommunikatoren

Auch die Deutsche Bahn, Bosch, das ZDF oder Audi hat Spiekermann so bearbeitet - ebenso die englische Zeitschrift The Economist, der Spiekermann 2001 ein neues, luftigeres, klareres Aussehen verpasst hat. Die Folge: Die Auflage des Traditionsblattes verdoppelte sich. Dass Spiekermann als produktiver Buchautor auch das Erscheinungsbild von Büchern am Herzen liegt, illustriert im Ausstellungsraum eine große Wand, auf der Spiekermann unzählige von ihm gestaltete Buchseiten zeigt.

Designer und Gestalter müssen zumeist gute Teamarbeiter, Netzwerker und Kommunikatoren sein, um wirklich Erfolg zu haben. Auch in dieser Disziplin spielt Spiekermann, der an diversen Design-Hochschulen lehrt, in der Champions League. Er verfügt über ein weltweit gespanntes Netz zu Designern, Typografen und sonstigen klugen Köpfen. 600 Leute habe er in seinem Leben bisher ausgebildet. Mit mehr als 500 habe er bei seinen Entwürfen eng zusammengearbeitet. Deswegen sei es ihm peinlich - auch das sagte er bei der Ausstellungseröffnung -, im Bauhaus überall seinen Namen lesen zu müssen. Er selbst sei doch nur: ein armes Würstchen. (Ingo Petz/Der Standard/rondo/06/05/2011)