Schon der Titel ist nicht über die Maßen einladend und signalisiert Verweigerung eher denn geschwätziges Mitteilungsbedürfnis: DMD KIU LIDT lautet er, und er erklärt sich auch nach dem über 20 Minuten langen gleichnamigen Stück am Ende des Albums nicht. Möglicherweise ist es das "Klaatu barada nikto" unserer Zeit, das Nichtcineasten jetzt leider googeln müssen.
Das Geheimnisvolle ist der Band Ja, Panik traditionell näher als das Offensichtliche. Auf ihrem vierten Werk wird das so deutlich wie nie zuvor. Rieb man sich bislang auf misanthropisch-originelle Art an den Verhältnissen und traf mit dem Album The Angst And The Money vor zwei Jahren inmitten der Krise das Lebensgefühl einer Generation wie den Kopf eines Nagels, so flottieren Ja, Panik nun frei durch ihr Privatuniversum. The Angst And The Money war noch geprägt von neurotisch hingerotztem Rock und aufgeregtem Klaviergeklimper; nun rumpelt die fünfköpfige Band um Songwriter Andreas Spechtl durch Ästhetiken des US-amerikanischen Independent-Rock. Dabei klingt sie unbelastet von Trendauflagen und verstärkt, dieserart freigespielt, wirkungsvoll die Befindlichkeiten Spechtls.
Der formuliert seine Themen nach wie vor mit angezogenen Schultern, wird weiter von der Last des Lebens gebückt. Verortet sind seine Texte zwischen Gift und Galle, Gelassenheit und Verachtung. Und nur Trottel würden fragen, was denn den Mann so sein lässt: Ein Blick auf die Welt reicht aus, um Spechtls Zynismus zu verstehen, den er in mitunter in klebrig-süße Songs wie Suicide verpackt. "Suicide is passion, suicide is love" heißt es dort, und vor einem lieblichen Chor klingt sein Gesang wie jener von Robert Forster, dem ehemaligen Sänger von The Go-Betweens.
Das Dandyhafte der Go-Betweens findet in Ja, Panik insofern eine Fortsetzung, als die Band bei aller üblen Laune zutiefst romantisch veranlagt ist. Bloß dass die von ihr vertretene Romantik eine bedrohte bis aussterbende Art ist: die gute alte Boheme.
Dem halten sie mit DMD KIU LIDT üppig entgegen: Es ist ein Doppelalbum mit 15 Stücken, das man wie ein Labyrinth betritt. Man weiß nicht, was einen erwartet, man weiß nicht, wo, wie und ob man wieder herauskommt. Mit dieser Magie des Ungewissen, ein rares Gut in Zeiten der allwissenden Müllhalde, verfahren Ja, Panik souverän und enttäuschen nicht. DMD KIU LIDT ist das Flip Your Wig, das Glut und Asche, das Powee Zowee von Ja, Panik.
Nach diesem Album ist nach oben wie nach unten alles offen: ein flüchtiger Idealzustand. (Karl Fluch, DER STANDARD/RONDO - Printausgabe, 15. April 2011)