Erste "Serien"-Armbanduhr mit Chronograf und ewigem Kalendarium.

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Erste Folge: der Star der soeben zu Ende gegangenen Basler Uhren- und Schmuckmesse, die Patek Philippe Referenz 5270

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45 vor Christus

45 vor Christus setzte Gajus Julius Cäsar den sogenannten Julianischen Kalender in Kraft. Auf den Imperator und den römischen Senat gehen die unterschiedlichen Monatslängen zwischen 28 und 31 Tagen zurück. Außerdem erfand er den Rhythmus von drei normalen Jahren à 365 und dem daran anschließenden Schaltjahr mit 366 Tagen. Kaiser Augustus, Cäsars Adoptivsohn, ist es zu verdanken, dass sich die Schaltjahre per Division der Jahreszahl durch vier ermitteln lassen. Er hatte den Kalender nach einigem Schaltjahr-Durcheinander acht nach Christus neu gestartet.

1898

1898 stellte Patek Philippe eine Damentaschenuhr mit ewigem Kalendarium fertig. Sie berücksichtigt die kalendarischen Vorgaben Cäsars. Das direkt unter dem Zifferblatt montierte Kalenderwerk zeichnete sich durch springende Anzeigen aus. Dieses uhrmacherische Kleinod mit der Nummer 97.975 blieb ein Ladenhüter. So wurde 1925 aus der Taschen- die weltweit erste Armbanduhr mit dieser Komplikation. Gleichwohl fand sie erst 1927 ans passende Handgelenk.

1923

Patek Philippe startete 1923 ins Zeitalter feiner Chronografen fürs Handgelenk. In den runden oder kissenförmigen Gehäusen tickten aufs Feinste bearbeitete Rohwerke von Victorin Piguet oder LeCoultre. Konkrete Kaliberbezeichnungen und Referenznummern waren damals noch kein Thema. Für unterschiedliche Optik sorgte die Positionierung des permanent mitlaufenden Sekundenzeigers und damit auch diejenige des 30-Minuten-Totalisators. Standen Sekunden- und Zählzeiger im rechten Winkel zur Krone, handelt es sich um ein "Savonnette"-Kaliber. Eine komplett waagrechte Anordnung wies auf ein sogenanntes "Lépine"-Kaliber hin.

1932

Die Übernahme des Hauses Patek Philippe durch die Familie Stern löste ab 1932 einen Wandel in der Unternehmensphilosophie aus. Durch die Entwicklung und Produktion eigener Uhrwerke mauserte sich Patek Philippe zu einer waschechten Manufaktur. Eigene Chronografenwerke ließen allerdings noch rund sieben Jahrzehnte auf sich warten. Außerdem brachten einprägsame Referenznummern Ordnung in die Uhrenkollektion. Die erstmals in Serie gebaute Chronografen-Referenz 130 kam am 8. September 1934 auf den Markt. Im 34 mm großen Goldgehäuse tickte ein modifiziertes Rohwerk von Valjoux. Die Umgestaltung der Kupplungswippe sowie die geometrisch optimale Positionierung ihres Drehpunkts konzentrisch zur Sekundenradwelle verdienen besondere Erwähnung.

1941

1941 feierte bei Patek Philippe die legendäre Referenz 1518 als weltweit erste "Serien"-Armbanduhr mit Chronograf und ewigem Kalendarium Premiere. Das Chronografen-Ebauche stammt wieder von Valjoux. Mit identem Innenleben kam 1951 die markantere Referenz 2499 auf den Markt. Die Genfer fertigten sie bis 1985 in einer Gesamtauflage von 349 Stück. Sammler zahlen für Exemplare der ersten Serie heute mehr als 500.000 Euro. 1986 folgte die Referenz 3970 mit neuem Kalender-Schaltwerk und dem gründlich überarbeiteten Chronografen-Ebauche 2320 von Lémania. Der Trend zu größeren Gehäusen brachte 2004 die technisch absolut gleiche Referenz 5970.

2009

Fünf Jahre Entwicklungsarbeit lagen hinter dem Manufakturkaliber CH 29-535 PS, welcher im Herbst 2009 debütierte. Die Kaliberbezeichnung ist Botschaft: CH meint Chronograf, PS kleine Sekunde, dazu 29 mm Durchmesser und deren 5,35 an Höhe. Sechs Patente schützten den tickenden, aus 269 Teilen zusammengefügten Mikrokosmos u. a. mit Schaltradsteuerung, horizontaler Räderkupplung, neuartiger Verzahnung der Kupplungsräder, springendem 30-Minuten-Totalisator, ruckfrei startendem und als Ganzes rückspringendem Chronografenzeiger, vier Hz Unruhfrequenz, Breguetspirale und ca. 72 Stunden Gangautonomie.

Seit 2009 leitet Thierry Stern in vierter Generation seiner Familie Patek Philippe. Damit geht die neue Referenz 5270 mit Chronograf und ewigem Kalender in letzter Konsequenz auf den Sohn Philippe Sterns zurück, welcher das Chronografen-Kaliber CH 29-535 PS initiierte.

Die Referenz 5270 verlangte nach einem neuen Kalender-Schaltwerk, bei dem sich nun die kleine Sekunde und der 30-Minuten-Zähler leicht unterhalb der Aufzugskrone befindet. Dieser kleine Versatz macht Fälschern das Leben schwer. Wie eh und je steuert ein rotierender Nocken die unterschiedlichen Monatslängen in Normal- wie Schaltjahren. Für den Februar in Schaltjahren ist ein rechteckiges Gebilde zuständig, das sich jedes Jahr um 90 Grad dreht. Wochentag und Monat stellen digitale Anzeigen dar, das Datum ein Zeiger bei der "6". Ausdruck uhrmacherischer Innovation ist schließlich die Präzisions-Mondphase, welche erst nach 122 Jahren und 45 Tagen ganze 24 Stunden von der astronomischen Norm abweicht. Die ausgeklügelte Kadratur ist nur 1,65 mm hoch. Die Montage verlangt nach 182 handfinissierten Komponenten. Die Uhr feierte soeben ihren Einstand auf der Baselworld 2011. Patek-Philippe-Fans, denen es gelingt, eine der 41 mm großen Weißgold-Armbanduhren zu ergattern, dürfen sich glücklich schätzen. Die Warteliste ist lang. Optisch ist das Gesamtkunstwerk 5270 einen ausgewogener Mix aus den Referenzen 1518, 2499 und 3970. Dazu kommen Bandanstöße, die an jene der Chronografen-Referenz 1579 von 1943 erinnern. Kalender-Korrekturen lassen sich mithilfe versenkter Drücker im Gehäuserand vornehmen. Links und rechts neben dem Zeigerdatum positionierte Anzeigen für Tag/Nacht sowie den Schaltjahreszyklus liefern dabei wichtige Einstell-Informationen. (Gisbert L. Brunner/Der Standard/rondo/2011)