Auf die Decke stehen

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"Wohn-Vision 2020" nennt sich ein Projekt von drei deutschen Designschulen. Die Teilnehmer überlegten, wie sie aus Materialfunden, die sie von Recyclinghöfen beziehen, neue Möbel erschaffen können. Der Adhocker# ist einer von drei Hockern, die den praktischen Teil der Diplomarbeit von Annika Frye ausmachen. In ihrer 168-Seiten-Arbeit "Adhocsita" erforschte sie Stegreifschöpfungen im Design. Den Adhocker#2 bezeichnet Frye als "Improvisationswerkzeug". Die am Hocker befestigte Steppdecke aus Kammgarn kann jede erdenkliche Form annehmen. Sie kann sich auf dem Boden ausbreiten oder als Versteck dienen. Ein amüsantes und anregendes Design- wie Denkexperiment. www.annikafrye.de

Reif für Kinder

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"Nichts explizit Farbiges oder Spielerisches" wolle er für die kids collection von Richard Lampert beisteuern, sagt der junge niederländische Designer Bertjan Pot, sondern etwas Ernsthaftes. Überall auf der Welt werden Reifen als Spielzeug genutzt. Als experimentellen Gegenstand erfand Pot den Reifen neu. Die Kollektion des kleinen Stuttgarter Unternehmens umfasst Möbel und Gebrauchsgegenstände für Kinder und Jugendliche und hält sich von gängigen Stereotypen fern. www.richard-lampert.de

Teamarbeit aus Österreich

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Nicht nur feine Ergänzungen, auch Programme, die sich in Zukunft zu wesentlichen Umsatzbringern entwickeln sollen, werden auf der Kölner Möbelmesse vorgestellt. Ein Beispiel: das System lux, das Chefdesigner Jacob Strobel für Team 7 entwickelt hat. In Köln hat es sogleich den Interior Innovation Award erhalten, den Designpreis der Kölner Messe und des Rates für Formgebung. Das Einzelmöbelprogramm besteht aus zehn Grundformaten, jedes nach den Regeln des Goldenen Schnitts gestaltet. Durch Wahl von Material, Farbe und Öffnungsfunktionen können nicht nur 156 verschiedene Korpuskonfigurationen, sondern nahezu unendlich viele individuelle Varianten entstehen. Das für Team 7 typische Massivholz wird in besonderer Weise facettiert und wirkt daher sehr filigran. Zudem können bei lux Holz-, Farb- und Klarglaselemente kombiniert werden. Zahlreiche Zusatzelemente wie LED-Hinterleuchtung ergänzen das Programm. www.team7.at

Fruchtbares Design

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Vor zehn Jahren gehörte der Outdoor Sessel von Ronan & Erwan Bouroullec zu einem der ersten Serienprodukte der experimentell arbeitenden französischen Stardesigner. Auftraggeber war die ebenfalls dem Experiment aufgeschlossene Möbelmarke Ligne Roset. Mit Ploum erinnern die Designer an eines der erfolgreichsten Stücke von Ligne Roset, das Sofa Togo, das Michel Ducaroy 1973 entwarf. Zum Klassiker wurde dieses nicht nur, weil es das erste Vollschaum-Polstermöbel aus einem Guss war, sondern weil es mit seinen weichen Formen dem wenig formalisierten Sitzen und einem neuen Zeitgeist Ausdruck verlieh. Ähnliches streben die Bouroullecs an. Wie eine "reife Frucht" haben sie ihr Sofa konzipiert, sagen sie. Die weichen Flächen in halbrunder Form aus besonders nachgiebigem Schaumstoff werden von einem Stretchbezug gefasst. www.ligneroset.at

Ulmig zumute

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Schon in der vierten Generation betreiben die Geschwister Anja und Stefan Böwer – sie Architektin, er Innenarchitekt – im niedersächsischen Neuenkirchen ein Familienunternehmen für Innenausbau und -einrichtung. 1999 stellten sie in Köln ihre erste Möbelkollektion vor, unter anderem mit einem äußerst gelungenen, kleinen Tisch von Konstantin Grcic. Nachdem die Möbelentwicklung mehrere Jahre pausierte, stellte Böwer nun ein minimalistisches Sideboard vor, entworfen von dem Architekten und Designer Eric Degenhardt. Wangen, Türen und Böden des Möbels bestehen aus Ulme und sind nur sechs Millimeter stark. Zwei Varianten – 2,40 und 1,80 breit – sowie fein lackierte Versionen in Weiß oder Telegrau sind lieferbar. www.boewer.com

Losgelöst

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Nicht nur bei jungen Designern gibt es Entdeckungen zu machen. So präsentierte Wittmann gleich drei neue Polstermöbel von Paolo Piva. Sein Programm Ardea zum Beispiel bietet Fauteuils auf drehbarem Tellerfuß. Massiv, voluminös und mit Anklängen an traditionelle Clubmöbel präsentiert sich die Sitzmöbelgruppe Sabra. Das Sofa Alex (siehe Bild), zu dem es ergänzende Hocker gibt, lässt Eleganz mit einfachen Mitteln entstehen. Auch kleinen Räumen passt sich sein voluminöser Körper an, da Alias in unterschiedlichen Dimensionen lieferbar ist. Durch kaum sichtbare zurückgesetzte Füße scheint das Möbel zu schweben. www.wittmann.at

Bettfalte

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Mit dem Sofaprogramm Jalis für Cor schufen die Designer Markus Jehs und Jürgen Laub im vergangenen Jahr ein neues bodennahes Sitzmöbel, das auf der Idee schwebender Kissen basiert. Nun zeigt die Erkundungsfahrt weitere Folgen: Jalis wurde um Stuhl und Tisch ergänzt – diesmal auf sichtbaren Gestellen aus Eschenholz oder Draht ruhend. Mit pulvio haben Jehs+Laub zudem für den verschwisterten Systemmöbelhersteller Interlübke ein Bett entworfen, dessen sanft gerundete Vollpolsterflächen ebenfalls aussehen wie ein gefalteter Bettbezug. Tatsächlich handelt es sich um ein komfortables Boxspringbett, dessen Innenleben aus einem massiven Holzrahmen mit Stoff- oder Lederbezug und Doppelmatratze besteht. www.cor.de; www.interluebke.de

Volles Rohr

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Überzeugend einfach sind viele Entwürfe des Berliner Designers Mark Braun. Auf seinem kleinen Stand im Messeforum D3 professionals, das jungen Labels vorbehalten ist, trat er gemeinsam mit Uli Budde (Berlin) und Mathias Hahn (London) auf und zeigte vier neue Produkte: Fortune, eine Serie von Wasserkaraffen, die er 2010 mit Lobmeyr realisiert und schon auf der Vienna Design Week präsentiert hatte. Eingraviert in die Glasobjekte sind Umrisse von österreichischen Seen, Flüssen und Gletschern. Ton ist eine trag- und stapelbare Serie von Hockern aus verformtem Eichenholz und Lift ebenfalls eine Serie von geometrischen Beistelltischchen aus Kunststoff, die per Roto-mould-Verfahren hergestellt werden. Floor 95 (siehe Bild) ist ein System aus fünf verschiedenen gebogenen Stahlrohrelementen, aus denen eine beliebig große Garderobe mit Bänkchen und Ablage entstehen kann. www.markbraun.eu

(Thomas Edelmann/Der Standard/rondo/04/02/2011)