"L.U.C Tech Strike One"

Foto: Hersteller

Je mehr Einblick eine Uhr auf die Bewegung ihrer winzigen Rädchen zulässt, desto höher schlägt das Herz des Uhrenliebhabers. Nachdem grundsätzlich jedes hochwertige Kaliber - wenn auch oft unsichtbar - fein dekoriert ist, ging man im Zuge der Wiederauferstehung der mechanischen Uhr dazu über, die Gehäuse mit Saphirglasböden auszustatten. So bekommt der Besitzer die Möglichkeit, das Innenleben zu bewundern. Leider muss man dazu die Uhr jedes Mal vom Handgelenk nehmen. Eine Skelettuhr hingegen ermöglicht auch während des Tragens den Genuss, die Arbeit des Uhrwerks zu beobachten. Einziger Nachteil: Durch diese Art der Bearbeitung werden die Indikationen schwerer ablesbar. Allerdings: Wer sich für eine Skelettuhr entscheidet, tut dies aufgrund ihrer Faszination.

Die Kunst des Skelettierens hat eine lange Tradition. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - also lange, bevor die Armbanduhr die Handgelenke eroberte - waren skelettierte Stutzuhren (kleine Standuhren mit Kurzpendel) sehr beliebt. Allerdings waren damals nicht die Uhrwerke selbst, sondern lediglich die Zifferblätter kunstvoll durchbrochen. Bei Taschenuhren wurden mithilfe dieser Technik entsprechend der Mode des 19. Jahrhunderts auch figurale oder florale Motive herausgearbeitet. Die Idee, diese aufwändige Bearbeitung auch an den Uhrwerken selbst anzuwenden, entstand erst viel später. Die deutlich kleineren Dimensionen einer Armbanduhr stellen auch eine deutlich größere Herausforderung dar. Bei der Skelettierung des Uhrwerks werden die tragenden Komponenten wie Platine, Brücken und Kloben durch Stanzen, Sägen und Fräsen so weit durchbrochen, bis nur mehr die für Stabilität und Funktion unentbehrlichen Elemente zurückbleiben. Bei klassischen Skelettuhren bestehen die Zifferblätter entweder nur aus einem schmalen Ziffernring oder fehlen gänzlich, sodass nur die Zeigerstellung Aufschluss über die Uhrzeit gibt.

Handwerkliche Fertigkeiten

In den Ateliers führender Uhrenhersteller gibt es Fachleute für jede uhrmacherische Herausforderung. Die Skelettierung nimmt dabei eine Sonderstellung ein, weil sie im Gegensatz zu Komplikationen - wie Tourbillon, Ewigem Kalender oder Minutenrepetition - nicht in das Uhrwerk integriert, sondern im Nachhinein an der fertigen Uhrwerkskonstruktion vorgenommen wird. Dazu muss das Kaliber natürlich wieder in alle Einzelteile zerlegt werden. Zwar beherrscht grundsätzlich jeder Uhrmachermeister die dazu benötigten handwerklichen Fertigkeiten: das Fräsen und Feilen sowie die Finissierung, bei der Kanten gebrochen, angliert und die zarten Stege womöglich noch mit Gravuren versehen werden.

Wahre Perfektion in dieser Disziplin erlangt man jedoch nur mit viel Übung, bestätigt der Wiener Uhrmachermeister Johannes Barotanyi, der sich in seinem Atelier auf der Liechtensteinstraße auch der Restaurierung antiker Uhren widmet. Dadurch ist er auch mit den diversen Kunstfertigkeiten in der Uhrmacherkunst der vergangenen Jahrzehnte vertraut. "Lange Zeit entsprachen skelettierte Uhren nicht dem Zeitgeist. Das Comeback mechanischer Uhren brachte ein Revival dieser Kunstfertigkeit mit sich. So haben heute die meisten Manufakturen skelettierte Modelle im Sortiment. Zudem eröffnen neue Materialien und Beschichtungstechniken neue Gestaltungsmöglichkeiten. Das Thema Skelettuhr ist dadurch vielseitiger, spannender und optisch attraktiver geworden." (Ines B. Kasparek/Der Standard/rondo/19/11/2010)