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Weinblogs boomen: Wer sich nicht mehr auf das Urteil diverser Weinpäpste und selbsternannter Preisrichter verlassen will, holt sich die Infos zunehmend aus dem Netz.

Foto: APA/Karl-Josef Hildenbrand

Es wurde kommuniziert über alle Kanäle, die das Netz bietet, diskutiert, verkostet und gefeiert. Den rund 200 Winebloggern, die zu einer immer wichtiger werdenden Spezies von "Informationsverteilern" in der Weinbranche zählen, wurde natürlich auch österreichischer Wein in Verkostungen und Touren durch die Weinbaugebiete vorgestellt. Die Geschmackserlebnisse, ihre Begegnungen, Erfahrungen und Erlebnisse mit Weinen, Winzern und Weinbaugebieten werden gern gelesen. Journalisten, Herausgeber von Weinmagazinen, Winzer, Händler, Importeure nutzen das Netz, um ihre Botschaften zu verbreiten und ihre Wein-Einschätzungen unters Volk zu bringen.

In Zeiten in denen der traditionelle Weinjournalismus und das Magazinwesen mit seinen endlosen Seiten an Verkostungsnotizen immer mehr in Zweifel gezogen werden, und auch wegen seiner nicht immer offen gelegten Nähe zur PR unter Beschuss geraten, tritt hier eine Szene auf den Plan, die für sich reklamiert, den Zugang zu Wein demokratisiert und dadurch objektiviert zu haben. Denn der Zugang steht jedem offen, nicht nur einem elitären Zirkel, der bereit ist, für Informationen zu bezahlen.

Humor, Kreativität und Sprachwitz

Menschen, die gern Wein trinken, möchten wissen, wo sie gute Tropfen bekommen. Erfolgreiche Blogs punkten mit Humor, Kreativität und Sprachwitz in der Aufbereitung. Das passt zu der Tatsache, dass Wein eine emotionale Angelegenheit ist. "G'schichteln", die Winzer und Weine greifbarer machen, sind für viele neben den Weinbeschreibungen ausschlaggebend, um sich eine Meinung zu bilden. Nicht jedes technische Detail oder jede Gesetzesvorgabe muss im Netz dabei gleich erklärt werden, da dies Wikipedia & Co sei dank in kürzester Zeit und parallel zur eigentlichen Geschichte abrufbar wird. Wesentlich ist für viele Anhänger dieser Weinmeinungsmacher auch, Urteile direkt und in kürzester Zeit hinterfragen und besprechen zu können.

Hat man sich früher bevorzugt auf Weinpäpste verlassen, so hat deren Autorität durch die lebendige Bloggerszene deutlich gelitten. Weinempfehlungen werden heute auch gern aus unkonventionellen Quellen aufgenommen: So löste die Independent-Komödie "Sideways" 2002 in den USA einen nachhaltigen Pinot-Noir-Hype aus. Und positive Erwähnung in einem einflussreichen Blog bringen einiges: Als Alice Feiring, New Yorker Bloggerin und Autorin des Buches "The Battle for Wine and Love" über die Wiener Winzerin Jutta Ambrositsch berichtete, stieg die Nachfrage aus dieser geographischen Ecke signifikant.

Zu viele Unwissende

Kritiker beklagen gern, dass sich zu viele Unwissende berufen fühlen, ihre Meinung zu veröffentlichen. Die große Herausforderung der Zukunft wird also sein, Informationen filtern und einordnen zu lernen. Von den Bloggern, die nach Wien kamen, erhofft man sich natürlich, dass die den Ruhm des östterreichischen Weins in die Welt hinaustragen. Liest man die Tweets und Feeds, die nach diesen Tagen über einschlägige Quellen verbreitet werden, scheint das genau aufzugehen. (ls/Der Standard/rondo/05/11/2010)