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Johnny Depp, Grace Jones, Falco, Marilyn Manson, rechts oben Marla Glenn, darunter Silbermond. Eine Handvoll aus unzähligen Stars, die im U4 gastierten.

Foto: U4 / Conny de Beauclair, ORF, Heribert Corn, Niki Fuchs, Reuters / Emmanuel Fradin

Martin Blumenau, Moderator auf FM4

Ich kann nichts über eine spannendste/aufregendste/wichtigste Nacht im U4 erzählen, weil sie - vor allem zu Beginn - alle spannend waren, weil sich dort die diversen Mikrodramen meines damaligen Lebens abgespielt haben. Weil es ein verlängertes nächtliches Wohnzimmer war. Ich mag auch nicht mit Sade, Prince, Trio und Nirvana angeben. Deshalb ein paar Worte über meine vielleicht angenehmste Nacht im U4: ein Konzert der Einstürzenden Neubauten irgendwann zwischen '85 und '88. Das Konzert fing echt spät an, es wurde eins, es wurde zwei, noch immer nix. Ich war hundemüde. Als Nichtkokser und No-Drugger habe ich ganz normal reagiert:

Diese Hundemüdigkeit kroch mir so in die Knochen, dass ich mich hinlegte - auf eine der dezenten barähnlichen Bänke neben der Bühne. Der Lärm würde mich schon aufwecken, dachte ich. Tat er auch. Ich bekam den Anfang mit - um nach ein, zwei Stücken wieder wegzuschlafen, neben der Bühne, nahe an den Lautsprechern. Ich bin aufgewacht, als grade die Zugabe lief. Das war großartig, vor allem, weil ich von dieser Stunde Schlaf so erfrischt war. Wie das direkt neben den Boxen funktioniert, ist eines der Geheimnisse, das mir das U4 nie offenbart hat. Es grinst nur - und schweigt.

Helga Schania, Modedesignerin "Wendy & Jim"

Meine aufregendste Erinnerung ans U4 stammt aus dem Jahr 1986. Ich war zwölf und meine beste Freundin auch. Aber ihr Bruder war 17 - und total cool: Er trug enge schwarze Hosen und spitze Schuhe und war in der Gothic-Szene. 1986 war das noch unendlich undergroundig. Der Bruder hat gesagt, dass er uns mitnehmen würde. Wir waren total aus dem Häuschen. Wir haben uns vorbereitet - und fühlten uns unendlich verwegen. Natürlich durften wir dann aber nicht hin. Dadurch dass wir alles über den großen Bruder gefiltert mitbekamen, schien das großartiger, als es je hätte sein können.

Das erstes Mal wirklich dort war ich erst viel später: als Teenager. Ich war betrunken. Drum habe ich gar nicht mitgekriegt, wie groß das Lokal war. Es war ein Gothicabend - und alle waren unheimlich geschminkt, aufgebrezelt und unendlich cool. Diese Form von Ausgeh-Kult gibt es heute so ja gar nicht mehr. Am meisten beeindruckt hat mich, dass die Tanzfläche aus Metall war - ich kam mir vor wie auf einem anderen Stern. Aber so spannend wie jener erste theoretische Abend war es natürlich nicht. Wie auch?

Niki Fuchs, Veranstalterin der U4-Rocknacht "Addicted to Rock" und Moderatorin bei Radio Energy

Ich habe im U4 von 2004 bis 2006 auch gekellnert. Und das Irrste, was mir da passiert ist, war, als da die Stars der WWE nach einem Wrestlingevent in der ausverkauften Stadthalle zu uns kamen. Ich bin Wrestling-Fan und kenne diese Typen: Batista war da - und John Cena. Das sind Stars. Darum war ich echt sauer, als unsere Geschäftsführung beschlossen hat, dass es nicht so schlau ist, wenn ich kleines Mädchen in dem für die Wrestler reservierten VIP-Bereich auf der Bühne kellneriere. Im Nachhinein war das richtig: Die haben da oben angefangen, sich zu prügeln. Also richtig zu prügeln - nicht so wie im Ring, wo alles Show ist. Da sind Tische und Sessel geflogen - und ich bin unter der Bar in Deckung gegangen. Unsere Securities haben im Vergleich zu diesen Riesen richtig mickrig gewirkt. Das war die einzige Situation, in der ich die richtig schwitzen sah. Sie haben es tatsächlich geschafft, diese Leute wieder auseinanderzukriegen - ohne Gewalt. Das ist generell die Kunst an dem Job: mit Worten Situationen zu klären, in denen andere zum Baseballschläger greifen. Unsere Securities können das sogar in solchen Situationen. Und dass es im U4 so gut wie nie Schlägereien gibt, liegt sicher auch daran, dass die Leute es einfach spüren, dass man sie mit Respekt behandelt.

Conny de Beauclair, Türsteher im U4

Ad hoc fällt mir auf diese Frage immer Johnny Depp ein. Der ist am 15. 12. 1997 von einer Tiroler Gwandfirma um 1,5 Millionen Schilling gebucht worden, bei einer Modenschau in den Sofiensälen mit seiner Band aufzutreten. Depp spielte mit seinen Freunden aus dem legendären "Viper Room" in einer Band Namens "P".

Mit dabei war unter anderen Gibby Haynes von den Butthole Surfers. Der Produzent Rick Rubin kam aber auch mit nach Wien. Ich sollte Guide, Fahrer und Bodyguard sein.

Der Auftritt wurde zum Eklat, weil der Manager der Sofiensäle den Strom abdrehte: Das Publikum war mit der Musik überfordert. Haynes drohte, den Typen umzubringen.

Am nächsten Tag wollten sie zurück in die Sofiensäle, um sich zu rächen. Ich überredete sie, ins U4 zu kommen. Nach einer Stunde kam Depps Manager und Schlagzeuger zu mir und fragte, ob die Band am Sonntag hier spielen dürfe. Gratis. Das Lokal habe die gleiche Atmosphäre wie der Viper Room - nur das Equipment müssten wir besorgen. Super, oder? Beim 1,5-Millionen-Schilling-Auftritt in den Sofiensälen war Fotoverbot - bei uns nicht: Der Abend hat uns etwa 5000 Euro gekostet - und wurde zu einer der legendärsten Nächte des U4. (RONDO/DER STANDARD - Printausgabe, 29. Oktober 2010)