Top-Designer Stefan Sagmeister gestaltete ein dickes Buch, das eine Wanderung durch die Kunst, das Design, die Mode und andere Kultur-Gefilde in Wien darstellt.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Es ist wohl kein Zufall, dass Stefan Sagmeister die Publikation wie eine Sachertorte verpackt hat. Zumindest die Vorzugsausgabe ist in einer Holzkiste erhältlich, die der Publikation New Vienna Now auch wortwörtlich Gewicht verleiht. Von Gewicht ist aber auch das Anliegen, das hinter dem umfangreichen Kompendium steckt. Schließlich geht man in (ironischer) Anlehnung an den Siegeszug der weltberühmten österreichischen Torte in diesem etwas anderen "Stadt-Führer" über die üblichen Klassiker hinaus und versucht das kulturelle Leben der Stadt jenseits von Fiaker und Trachtenknopf aufzuzeigen.

Dass der in New York ansässige, österreichische Stardesigner Stefan Sagmeister für die Grafik des Buches verantwortlich zeichnet, ist nur ein erstes visuelles Signal an die Welt, der die Wiener Gegenwartskunst und -kultur auch auf Englisch vorgestellt wird.

Von Expertinnen und Experten verfasst, werden in spartenspezifischen Textbeiträgen und in Bildstrecken von Künstlerinnen und Künstlern versierte Einblicke in die Bereiche des aktuellen Architektur-, Kunst-, Design-, Film-, Literatur- und Musikschaffens gegeben, wobei die Proponenten der jeweiligen Szenen die biografische Notiz "lebt und arbeitet in Wien" eint.

"Der Zeit ihre Kunst - der Stadt ihre Künstler", titelt etwa der Beitrag von Manisha Jothady, die nach der Vorstellung einzelner, international renommierter österreichischer Künstlerinnen und Künstler (VALIE EXPORT, Heimo Zobernig, Erwin Wurm, Eva Schlegel) auch nicht darauf zu verweisen vergisst, dass die vielstrapazierte Formel "lebt und arbeitet in Wien" gerade in Bezug auf die jüngere Szene "nicht selten: geboren in Zagreb, in Brüssel, in Berlin oder in St. Petersburg" heißt.

Vollgepackt mit Hintergrundinfos - Dietmar Steiner skizziert etwa die Geschichte des sozialen Wohnbaus in Wien und Sven Gächter den Vienna-Hype von Kruder & Dorfmeister bis Soap & Skin - liefert jeder einzelne Beitrag aber auch praktische Tipps zur Erkundung der Stadt: Nicole Scheyerer und Sabine B. Vogel haben in ihren Beiträgen die Wiener Galerienviertel, unabhängigen Kunsträume und Museen erfasst, Franziska Leeb stellt die junge Architektur- szene vor, und Michael Freund ergänzt den Rundumblick mit seiner umfassenden Durchsicht der österreichischen (Kunst-)Magazinlandschaft.

Dass sich die Publikation, die von Departure-Geschäftsführer Christoph Thun-Hohenstein herausgegeben wird, aber nicht nur nach außen richtet, sondern auch das Standort-Bewusstsein gestärkt werden soll, machen selbst jene Beiträge deutlich, die gar nicht versuchen, aus Österreich eine Film- oder Designnation zu machen. Während Tulga Beyerle vielmehr die Gründe erkundet, die aus Wien eben "noch" keine Designhochburg gemacht haben, betont Alexander Horwath die Artenvielfalt des österreichischen Films, der ausgezeichnete Spielfilme bekanntlich genauso umfasst wie Avantgardistisches von Gustav Deutsch oder Peter Tscherkassky.

Last, but not least wird auch erwähnt, was die Stadt so lebenswert macht, und dazu gehören Fluc oder Flex eben genauso wie das Filmmuseum, der Kunstraum Coco oder auch ein Blumengeschäft in der Schleifmühlgasse, das Michael Hausenblas auf seiner Tour durch ausgewählte Wiener Design-Shops ebenfalls aufgesucht hat. (Christa Benzer, RONDO/DER STANDARD - Printausgabe, 15. Oktober 2010)