"The Actuality Dramas of Allan King", Criterion

Foto: Criterion

Billy und Antoinette Edwards sind ein Ehepaar aus Toronto, Ende der 1960er-Jahre. Für Allan Kings Dokumentarfilm A Married Couple haben sie sieben Wochen lang ihren Haushalt mit einem Filmteam geteilt. Das Ergebnis dieses "Experiments" ist ein äußerst ungewöhnliches Beispiel aus der Schule des Direct Cinema, ein Stück Lebensalltag, ungehemmt, exhibitionistisch, zärtlich, auch zermürbend in den ständigen Konfrontationen.

Nur wenige Arbeiten eines dokumentarischen Kinos haben sich so weit in eine Privatheit hineingewagt: Zu entscheiden, wo hier die Performance im Bewusstsein der Kamera beginnt und wo sie aufhört, ist unmöglich - irgendwann auch egal. Die Edwards, sozial kaum zuordenbar, halb bürgerliche Aufsteiger, halb Bohemiens, haben sich ohnehin nichts zu schenken: Ihre Ehe wird zum Austragungsort einer Liebe, die sich in den Untiefen des Alltags unverkennbar aufreibt.

Erschienen ist diese kostbare Rarität als Teil der verhältnismäßig günstigen Eclipse-Reihe des US-Edel-DVD-Labels Criterion, gemeinsam mit vier anderen sehenswerten Arbeiten des Kanadiers Allan King. Der 2007 gestorbene Dokumentarist war ein Verfechter des Cinema Vérité - die nackte Realität das Material, aus dem er seine Dramen gewann. Eine (Wieder-)Entdeckung. (Dominik Kamalzadeh, RONDO/DER STANDARD - Printausgabe, 15. Oktober 2010)