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Ein Muttermal als Markenzeichen, mehr als eintausend Covers, zwei Shootings für den "Playboy" und ein geschätztes jährliches Einkommen von neun Millionen Dollar: Das 1966 in Illinois geborene amerikanische Model Cindy Crawford gehörte in den 80ern und 90ern zu der Riege der sogenannten Supermodels. Sie wirkte in zahlreichen Filmen mit. Mittlerweile vertreibt sie unter ihrem Namen mehrere Produktlinien. In den Neunzigern war sie mit Richard Gere verheiratet, seit 1998 mit Rande Gerber, mit dem sie zwei Kinder hat.

Foto: APA/Daniel Deme

Standard: Wie fühlst du dich, wenn du in den Spiegel schaust?

Cindy Crawford: Das kommt immer auf den Tag an, aber meistens gefällt mir mein Spiegelbild. Ich würde aber keine Modeschau mehr im Bikini machen.

Stört es dich nicht, dass dein Gesicht, nicht mehr so jung und frisch aussieht wie am Höhepunkt deiner Karriere?

Crawford: Höhepunkt meiner Karriere? Ich arbeite mehr als je zuvor und verdiene mehr Geld denn je. Ich hätte niemals gedacht, dass ich 25 Jahre lang modeln kann.

Man sagt, du wirktest glücklicher in deinen Anfangsjahren. Stimmt das?

Crawford: Nein, das ist nicht richtig. Ich habe alles sehr genossen, aber ich bin froh, dass das vorbei ist. Ich hatte eine tolle Zeit mit sehr vielen Möglichkeiten. Aber jetzt, jetzt bin ich Mutter. Wenn man Kinder hat, sieht man das Leben mit neuen Augen, das ist das Wunderbare daran. Ich lebe durch meine Kinder ein völlig neues, anderes Leben, und ich empfinde es als großen Reichtum. Ich arbeite außerdem nach wie vor sehr viel, aber mehr für mein eigenes Business, was mich auch mehr erfüllt.

Dein Markenzeichen ist dein Muttermal. War es das schon immer?

Crawford: Als ich ein Kind war, haben mich meine Schwestern und andere Kinder deswegen sehr geärgert. Ich wollte es immer weghaben und habe mit meiner Mutter oft und lange darüber gesprochen. Sie hat gemeint, ich könne mir aussuchen, ob ich lieber das Muttermal oder lieber eine Narbe im Gesicht haben möchte - ich habe mich für das Muttermal entschieden. Bei meinem ersten Modeljob wurde es mit Make-up überdeckt, die Fotografen haben es retuschiert. Als ich aber auf dem Vogue-Cover war und sie das Muttermal dort gelassen haben, wo es ist, war die Stimmung plötzlich wie "Wenn es gut genug für Vogue ist, dann ist es auch gut genug für uns". Das war's dann - das Muttermal wurde zu meinem Markenzeichen.

Du warst das erste Model, das aus seinem Namen eine Marke gemacht hat. Zufall oder Absicht?

Crawford: Ich war in meinen Zwanzigern, als ich begriff, dass "Cindy Crawford" auch ein Produkt ist. Also beschloss ich, dieses Image zu nutzen. Es ist ein Geschäft, das ist alles. Natürlich habe ich das nicht über Nacht begriffen, aber als mein - wie soll ich sagen - mein Bekanntheitsgrad wuchs, habe ich an meinen eigenen Projekten zu arbeiten begonnen. Hier konnte ich mein eigener Boss sein, ich konnte meine eigenen Entscheidungen treffen, ich habe Spaß daran. Es war mir sehr wichtig, mein Image zu kontrollieren, und daraus entstand ganz natürlich die Marke und Firma Cindy Crawford.

Das Älterwerden oder dein Aussehen beschäftigen dich also nicht so sehr?

Crawford: Das wäre gelogen. Ich konzentriere mich aber nicht darauf. Ich schaue ganz gut aus für mein Alter, und ich bin, wer ich bin. Ich glaube, dass es wichtig ist, mit sich selbst zufrieden zu sein. Wenn man nichts Interessantes zu tun hat, denkt man zu viel darüber nach, was man alles nicht mehr hat. Wenn man aber andere erfüllende Dinge zu schätzen weiß - Familie, Arbeit, Freunde, auch die Möglichkeit, anderen Menschen zu helfen - hat man einen Fokus. Die Liste ließe sich noch ins Unendliche ergänzen. Aber vor dem Spiegel zu stehen und zu jammern "Oh mein Gott, ich habe schon wieder eine Falte entdeckt!" finde ich peinlich. Dafür habe ich keine Zeit.

Ein bisschen scheint es dich aber doch zu beschäftigen, du hast ja mit "Meaningful Beauty Anti Aging Hautprodukte" eine erfolgreiche Kosmetiklinie.

Crawford: Ich arbeite als Model, seit ich 18 bin, und es war mir immer sehr wichtig, eine schöne, gesunde und gepflegte Haut zu haben. Doktor Sebagh in Paris war und ist mein Dermatologe - er ist einfach brillant. Mit ihm zusammen habe ich auch meine Kosmetiklinie entwickelt. Aber auch das entstand sehr organisch, ähnlich wie meine Trainings-Videos. Ich habe nie zu den Frauen gezählt, die essen können, was sie wollen, und immer gleich dünn sind. Um gut in den Kleidern auszusehen, in denen ich fotografiert werde, muss ich also sehr viel Sport betreiben. Und das tue ich leidenschaftlich gerne, also entstanden daraus Videos. So war es auch bei meiner Kosmetiklinie. Nicht jeder kann nach Paris fahren und Doktor Sebagh aufsuchen. Ich bin sehr erfolgreich in meiner Arbeit, und es fühlt sich gut an, etwas zu tun, in dem man gut ist.

Ich habe gelesen, dass du dich dazu bekennst, Botox verwendet zu haben. Würdest du das Frauen raten? Ist es in irgendeiner Weise hilfreich?

Crawford: Darüber will ich nicht reden (Pause). Ja, darüber will ich wirklich nicht reden.

Schade. Wie stark ist der Druck, immer gut oder jung auszusehen?

Crawford: Ich versuche nicht jung auszusehen. Ich möchte so aussehen, wie ich bin, es geht darum, gesund und vital auszusehen. Und wie gesagt, wenn ich mich gut fühle, dann ist alles bestens. Und ich fühle mich gut, wenn ich trainiere, ich fühle mich gut, wenn ich richtig gegessen habe. An dieser Stelle noch ein Tipp: Nichts kann jünger machen als eine gute Haarfarbe.

Du hast einen makellosen Ruf in der Branche. Warst du als Kind auch so brav und diszipliniert, wie man es dir nachsagt?

Crawford: Als ich zehn Jahre alt war, starb mein kleiner Bruder an Leukämie. Das war eine sehr schwierige Zeit für meine Familie und mich. Natürlich prägt einen so etwas. Ich wollte meinen Eltern weiteren Kummer und auch Ängste ersparen, weil ich miterlebt habe, durch was für einen Albtraum sie gegangen sind. Also habe ich sehr früh gelernt, dass nicht alles ein Happy End hat, dass man sich nicht über die kleinen Dinge im Leben aufregen soll - und vor allem, dass man für den Moment leben soll.

Nach der Matura fingst du an, Chemie zu studieren. Findest du es schade, das Studium nie fertig gemacht zu haben?

Crawford: Nein! Nach dem ersten Halbjahr habe ich mein Studium abgebrochen, um mich ganz auf meine Fotomodellkarriere zu konzentrieren. Das heißt aber nicht, dass ich aufgehört habe zu lernen. Ich bilde mich sehr gerne weiter. Als ich berufsbedingt viel auf Reisen war, waren Bücher meine besten Freunde. Ich würde sagen, meine Bildung war immer ein bisschen anders: Ich habe mein Wissen aus Büchern und Erfahrungen.

Hattest du einen Traumberuf, als du klein warst?

Crawford: Ja! Ich wollte die erste Präsidentin werden. Das war mein Traum. (Cordula Reyer/DER STANDARD/rondo/20/08/2010)