Sieht aus, wie man sich ein zeitgemäßes China-Restaurant vorstellen mag.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Gerichte aber erinnern eher an die 1970er- Jahre.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Seit 1974 gab es das Restaurant Lucky Chinese auf der Kärntner Straße. Aus dem ersten Stock auf die damals noch noble Geschäftsstraße zu blicken und dazu knusprige Ente oder Acht Schätze oder Hühnerfleisch Mandschurei zu speisen, war lange Jahre so ziemlich das Exotischste, was man in Wien kulinarisch erleben konnte. Okay, im Taj Mahal auf der Nußdorfer Straße gab es scharfe Currys, dazu ließen sich Ostspione bei der Dokumentenübergabe beobachten, wie das etwa Thrillerautor Robert Ludlum schildert. Davon abgesehen aber hielt sich die Anziehungskraft fremdländischer Küchen in engen Grenzen.

Das hat sich längst geändert, bloß das Lucky Chinese gab es weiterhin und scheinbar unverändert - bis es 2008 verkauft wurde. Jetzt ist es ums Eck wiedererstanden. Am Neuen Markt wurde ein zuvor von Italienern bekochtes Lokal übernommen, mit offener Küche und anderen Merkmalen zeitgemäßer Asia-Restaurants ausgestattet, ein ganz ordentlicher Weinkeller angelegt - nur die Speisekarte, so scheint es, blieb unverändert. Es gibt 167 Positionen. Damit sich das ausgeht, müssen auch Absonderlichkeiten wie Gemischter Salat mit Früchten drauf. Selbst das Fantasiegericht Chop Suey erlebt eine späte Auferstehung. Hie und da schummeln sich panasiatische Neuerungen hinein, Teppanyaki vom Tintenfisch etwa - bloß wird der dann nicht gegrillt, sondern frittiert.

"Lucky Ente"

Zur Vorspeise gibt es neben Frühlings- auch Pekingenten-Rolle. Kann man nicht wirklich empfehlen: Zwar ist die Ente im labbrigem Weizen-Teigblatt erstaunlich knusprig, allerdings lässt sich außer Salz (und vielleicht ein klein bisschen Knoblauchgranulat?) keine Würzung erkennen. Dafür stehen auf allen Tischen Maggi-Flaschen, die sind freilich mit Sojasauce der ganz billigen, extrasalzigen, mit ordentlich E-Nummern aromatisierten und konservierten Sorte gefüllt.

Gebratener Reis mit acht Schätzen kostet 11,90 Euro, bietet aber bloß den aus dem All-you-can-eat-Chinesen bekannten Eierreis mit wenig Hendl- und Schweinefleisch und allem, was sonst noch fad ist: Karotten, Zwiebel, Sojasprossen, danke, danke nein.

Die "Lucky Ente" gilt als Spezialität des Hauses und zeigt, dass hier auch Besseres möglich wäre: Der Vogel knusprig frittiert, auf ordentlichem Wok-Gemüse serviert, dazu eine interessante Sauce aus fermentierten schwarzen Bohnen und Reisessig. So aber kommen wohl nur Touristen als Klientel infrage - der Gastgarten ist immerhin sehr angenehm. (Severin Corti/Der Standard/rondo/16/04/2010)