Foto: Hersteller

Die Holländerin Hella Jongerius (43) ist eine der gefragtesten Produktdesignerinnen. Für Camper kreierte sie Schuhlinien für Herbst und Frühling.

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DER STANDARD: Was ist schwieriger, einen Stuhl oder einen Schuh zu designen?

Hella Jongerius: An einem einzelnen Möbel arbeitet man ein, zwei Jahre. Der Gestaltungsprozess ist limitiert, die hohen Qualitätsstandards engen einen sehr ein. Am Anfang ist der Weg, den man beschreitet, breit, aber mit der Zeit wird er immer schmaler.

DER STANDARD: Und in der Mode?

Jongerius: Da geht alles viel schneller. Innerhalb eines Tages kriegt man einen Prototypen. In der Mode sind die Leute offener, was eigenartige Formen oder Farben anbelangt. Der Designprozess ist lockerer, offener. Das Objekt selbst ist aber genauso schwierig wie ein Stuhl.

DER STANDARD: Warum?

Jongerius: Ein Schuh hat auf einer relativ kleinen Oberfläche wesentlich mehr Komponenten als ein Stuhl. Hier ist eine ganz andere Detailarbeit gefragt.

DER STANDARD: Dachten Sie bei Ihrer Arbeit für Camper über Modetrends nach?

Jongerius: Ich sehe mir keine Magazine an. Trends sind mir egal. Bei Camper war die Grundform des Schuhs bereits vorgegeben. Ich habe sie verschönert.

DER STANDARD: Ihre Designs sind sehr überladen, Sie haben keine Angst vor Zierrat. Funktioniert das auch bei Schuhen?

Jongerius: Klar. Das Schöne ist, dass bei Schuhen die Details die Schuhe ausmachen. Bei einem Möbelstück wirkt sich jedes Detail auf den Endpreis aus, also muss man sich alles zwei Mal überlegen. Bei Schuhen sind einem viel weniger Grenzen gesetzt.

DER STANDARD: Auf den Camper-Schuhen steht sogar Ihr Name. Gefällt Ihnen das?

Jongerius: Um ehrlich zu sein, wundere ich mich über mich selbst, dass ich da zugestimmt habe. Neben meinem Namen ist auch mein Fingerabdruck auf dem Schuh zu sehen. Eigentlich würde mir der Fingerabdruck alleine besser gefallen.

DER STANDARD: Wann wissen Sie, dass ein Design funktioniert?

Jongerius: Wenn es logisch ist. Und wenn es ein Ausdruck einer Zeit ist. Oft verliert man im Laufe der Zeit seine ursprüngliche Idee aus den Augen. Dann hat man am Ende ein Problem. (hil/Der Standard/rondo/18/12/2009)