Wenn der Bund österreichischer Braumeister und Brauereitechniker zur Arbeitstagung lädt, dann geht es um Dinge wie Druckschläge in Leitungen, Energiesparpotenziale bei Pumpensystemen oder die Reinigung von Schankanlagen. Am vergangenen Freitag stand allerdings auch ein den Biertrinkern viel näheres Thema auf der Tagesordnung: Macht Bier dick? Oder, spezifischer: "Der glykämische Index von Getränken - Wahrheit und Mär".
Dabei geht es um die verbreitete Vorstellung, dass dick mache, was den Blutzuckerspiegel rasch ansteigen lässt. Mehrere Diätpläne - von der Montignac-Methode bis zur so verführerisch klingenden Glyx-Diät - nehmen dies zur Basis ihrer Empfehlungen. Würde dabei nicht Bier regelmäßig als das Getränk mit dem höchsten glykämischen Indexwert (nämlich 110) ausgewiesen, den Braumeistern wäre das wohl herzlich egal. So aber betrifft es ihr Kerngeschäft: Sind sie womöglich in der falschen Branche tätig?
Keine Sorge, das sind sie nicht. In seinem Vortrag zerpflückte Moritz Krahl vom Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnik der TU München Weihenstephan die Annahmen von der hohen glykämischen Last, die man als Bierkonsument angeblich zu sich nimmt. Zunächst muss man wissen, dass der glykämische Index für Gewichtszu- und abnahme ohnehin nur bedingt brauchbar ist - so hat etwa Schokolade einen niedrigen glykämischen Index, man würde sie dennoch nicht als Diätempfehlung zum Abnehmen heranziehen.
Zweitens geht es in die Theorie: Der glykämische Index betrachtet die Wirkung unterschiedlicher Zucker auf den Blutzuckerspiegel - für Glucose liegt er bei 100, für Fructose bei 20, für Maltose aber bei 110. Und weil Bier im Wesentlichen aus Maltose (Malzzucker) hergestellt wird, haben Ernährungsberater den glykämischen Index von Maltose dem von Bier gleichgesetzt, was aber nicht stimmen kann - denn im Bier ist kaum unvergorene Maltose enthalten, sie wird ja zu Alkohol vergoren. Tatsächlich kann man den glykämischen Index von Bier gar nicht messen, weil kein Proband eine entsprechend hohe Menge Bier trinken könnte. Bier macht also nicht dick. Es sättigt nicht einmal (was bei einem hohen glykämischen Index passieren müsste). Im Gegenteil: Es macht Appetit - der "Bierbauch" kommt davon, was wir zum Bier dazuessen. (Conrad Seidl/Der Standard/rondo/02/10/2009)