Neubeginn unter dem steirischen Winzer Erich Polz im niederösterreichischen Stiftsweingut Heiligenkreuz in Thallern: Der Zwiebelturm des Herrenhauses ist weithin sichtbar. In den Weingärten steckt wie in vielen Lagen, die der Kirche gehören, sehr viel Potenzial.

Foto: Hersteller

Die Weingärten des "Stiftsweingutes Heiligenkreuz - Freigut Thallern" wurden zwar in Schuss gehalten, die Weine der jüngeren Vergangenheit jedoch lieblos "runtervinifiziert". Das ergab Tropfen, denen man das Desinteresse seitens der Produzierenden anschmeckte und die daher unterhalb der Wahrnehmungsschwelle von Weinfans grundelten.

Das soll sich jetzt ändern. Thallern wurde mit einer Laufzeit von 40 Jahren an Erich Polz vom südsteirischen Grassnitzberg verpachtet. Gemeinsam mit seinem Bruder Walter zählt er zur österreichischen Winzer-Oberliga. Die Brüder haben in den vergangenen Jahren ein über die Südsteiermark hinausreichendes Imperium aufgebaut, zu dem neben Wein aus verschiedenen Gütern (Tscheppe, Seggau, Mirovino) auch ein Restaurant (Kreuzwirt), ein Hotel und die Vinofaktur zählen, über die Wein und regionale Spezialitäten verkauft werden.

"Kirchliche Lagen sind immer etwas Besonderes. Und sie haben sich über viele Jahrhundert bewährt", erklärt Polz seine Motivation, sich im Freigut fernab der Heimat zu engagieren. Die 30 Hektar Weingärten befinden sich in ausgesucht guten Gumpoldskirchner Lagen wie "Wiege" oder auch "Student". Die Böden, mehr oder weniger dicke Braunerdeschichten auf einem Körper aus Muschelkalk, sind ideal für Burgundersorten wie Pinot Gris, Pinot Blanc, Chardonnay, Pinot Noir und den heimischen Burgunder-Abkömmling St. Laurent. Besonderheiten im Sortenspektrum sind Riesling, historisch in Gumpoldskirchen verankert, sowie die Regionsspezialitäten Zierfandler und Rotgipfler. Die Spitzenweine sollen nach Lagen ausgebaut werden.

Vorgeschmack auf künftige Weinfreuden

Seit der Babenberger Leopold IV. 1141 Thallern dem Zisterzienserorden schenkte, wurde der Hof durchgehend bewirtschaftet. Orden wie jene der Zisterzienser (oder auch der Benediktiner) waren in früheren Jahrhunderten Weinkompetenzzentren, die Know-how entwickelten und verbreiteten. Heute erfüllen sie diese Rolle nur selten. Weitsichtige Betreiber holen sich allerdings Weinfachleute, die Produktion und Vermarktung übernehmen. Erfolgreiche Modelle dieser Art sind hierzulande Stift Göttweig, Stift Klosterneuburg oder Schloss Gobelsburg.

Da es nicht möglich ist, ein 30-Hektar-Weingut von der Steiermark aus zu bewirtschaften, hat sich Polz mit den Thermenregion-Winzern Karl Alphart und Leo Aumann zusammengetan, die für die Gastronomie des Thallern-Projekts Florian Fritz (Restaurant Ofenloch) ins Spiel brachten. Alphart wird für die Weißweinproduktion, Aumann für die Rotweine zuständig sein, während Polz sich um Vertrieb und Vermarktung kümmert. Derzeit sind drei Weine aus dem Jahr 2008 auf dem Markt, Messwein S, Riesling bzw. Rotgipfler Selektion, die aber nur Vorgeschmack auf künftige Weinfreuden seien, da sie noch nicht unter den wünschenswerten Bedingungen entstanden.

Auflage des langfristigen Pachtvertrages war, Thallern als Gesamtkomplex zu erhalten. Polz schwebt ein regionales Weinkompetenzzentrum vor, mit Gebietsvinothek, Konferenzräumen für Schulungen und einem Kulturzentrum. Darauf ist auch sein Konzept ausgelegt - womit Thallern wieder bei seinen Wurzeln angelangt wäre. (Luzia Schrampf/Der Standard/rondo/17/07/2009)