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Blick in die Täler des Troodos-Gebirge. Hier spaziert der Wanderer abseits des Trubels an der Küste im Schatten von Nadelwäldern.

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Ein Dorf im Troodos-Gebirge.

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Ein Kloster im Troodos-Gebirge.

Grafik: DER STANDARD

Zypern sollte eigentlich Glykos heißen. Eine alternative Theorie, die Historiker, die den Namen von Cuprus, von den Kupfervorkommen herleiten, vielleicht nicht sehr haltbar finden werden. Aber jeder, der dort war, wird zustimmen. Vor allem, wenn er sich ein bisschen ins Landesinnere vorgewagt hat und dort zur Begrüßung mit diesen kandierten Zuckerhäppchen, den Glykos, begrüßt wird. Oder ein paar Scheiben dieser Sojouko probiert, der etwas eigenartig ausschauenden Zuckerwürste: Nüsse oder Mandeln, aufgefädelt und wie Kerzendochte in Traubensirup getaucht, bis sie die richtige Dicke erreicht haben.

Die Venezianer sind schuld an dieser Zuckersucht. Sie ließen um 1500 Zuckerrohrplantagen anlegen, die es zwar heute nicht mehr gibt, die aber die Zyprioten auf den Geschmack brachten. Alles, was ihnen in die Hände und von den Bäumen fällt, wird in Zuckersirup eingekocht: Feigen, Datteln, Marillen, Maulbeeren, Granatäpfel, Limonen, Wassermelonen, Bergamotte, Orangen und Zitronen (da witzigerweise nur die Schale); sogar kleine, weiße Auberginen, Karotten und - besonders schmackhaft - die noch unreifen Nüsse im grünen Mantel. Früher streute man auch noch Staubzucker auf alle möglichen Fleischspeisen, auf Wildpasteten und Eintöpfe. Dass die griechischen Götter lieber auf dem Olymp urlaubten, kann man sich gut vorstellen, wenn man die kreischenden, telefonierenden, fotografierenden Menschenmassen miterlebt, die den Schaumgeburtsplatz von Aphrodite, Petra tou Romiou, und ihre Badegrotte nahe Polis (landschaftlich wirklich idyllisch) bestürmen. Sie traf dort ihren Adonis, wir treffen unförmige Busmassen: Eine Flucht in die bergigen Wälder hilft auch heute.

Im einsamen Troodos-Gebirge, wo man im Winter sogar Ski fahren kann (vier Lifte, vier Kilometer Pisten), gibt es wunderbare Wanderwege im Schatten von Zedern, Föhren und Zypressen, die früher die ganze Insel überwucherten, aber beim Kupferabbau und in den Thermen der Römer zu großen Teilen verheizt wurden.

Mittendrin steht das "New Helvetia", ein altes Hotel mit offenem Kamin und Ledersofas, Thonet(!)-Bestuhlung mit Marmortischchen im Coffee-Room und Danksagung von Prince George an der Wand. Ein nostalgischer Ausgangspunkt für Wanderungen oder Radtouren. Die Zimmer sind etwas kärglich, aber dort soll man ja auch nicht herumsitzen, sondern sich in der Umgebung bewegen.

Wandern ist überhaupt ein Tipp auf Zypern, wenn man von dem austauschbaren Strandgetümmel genug hat. Nach Kräutern und Harz duftende Wanderwege - gut beschildert, die Botanik und Tierwelt ausführlich beschrieben - bieten prachtvolle Ausblicke auf ein tintenblaues oder türkisgrünes Meer. Und sie versöhnen mit dem Bauwahn an der Küste, der sich zwar weniger in die Höhe als in die Breite erstreckt, aber damit sterile Reihenhausatmosphäre vermittelt.

Doch viele mögen die Pool-Kultur mit umkämpfter Familienliegegruppe und griechisch beschalltem Großraumbuffet. Die sind an der Küste zwischen Pafos und Agia Napa bestens bedient. Die Gartenanlagen der Hotels sind üppig grün, grellblumig und gut gepflegt (im Gegensatz zu den kellerlagigen "Wellnessbereichen" mit Sauna und Jacuzzi, die manchmal grausig vor sich hinschimmeln).

Mit dem Mietwagen, den man unbedingt nehmen sollte, auch wenn man hier links fährt - die Buslinien zu benützen ist zäh, und die Eisenbahn, die ohnehin vor allem Bodenschätze transportierte, wurde schon vor vielen Jahrzehnten stillgelegt -, kann man zum Beispiel verschiedene Weintouren machen und versuchen festzustellen, warum die Kreuzritter vom "Commandaria", dem zypriotischen Süßwein, so begeistert waren. (Er ist übrigens der älteste noch gekelterte Wein der Welt!)

Neue Generation

Oder wie man heute mit neuen Weinsorten experimentiert - mehr als 100 werden in Zypern kultiviert und wären zu probieren. Ähnlich wie bei uns starben auch hier die alten Winzer weg, die Jugend wanderte in die Städte, und viele Weinterrassen bröckeln nun verlassen vor sich hin - aber es gibt neues Interesse, und man beginnt langsam wieder mit der Revitalisierung der Weingärten.

Interessant ist Zypern auch für Geologen, da die Insel aus dem Meer aufgefaltet wurde und die ganze Erdmantelgeschichte an manchen Abhängen und Abbrüchen abzulesen ist. Diese Gesteinsmischung lässt die Flora besonders vielfältig wachsen: Es gibt 700 Kräuterarten und 140 endemische Pflanzen - eine Freude für Botaniker.

Auch Historiker lieben die Insel, auf der sie eine Zeitreise von 5000 Jahre antreten können, um den verschiedensten Kulturen, die Zypern bevölkerten, nachzuforschen. Die Ausgrabungen zu besuchen garantiert auch die besten Ausblicke auf eine wunderbar üppige Landschaft - ja die Altvorderen wussten, wo man sich niederlassen soll. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD/Rondo/19.6.2009)