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Julius Meiringers besondere Stärke liegt in der Blunze. Demnächst wird er wissen, ob sie, wieder einmal, für den Weltmeistertitel gereicht hat.

Foot: APA/AP/Steffen Schmidt

Das Blut muss frisch sein. 15 Schweine sind am späten Nachmittag geschlachtet worden. Kurz nach Mitternacht beginnt die Blunzen-Produktion in der "Höhle des Löwen". So nennt der Golser Fleischhauermeister Julius Meiringer (54) seine Wursterei. Seit fünf Uhr früh ist er selbst dort zwischen Fleischwolf, Blutwanne und Kochkessel am Werk. Meiringer ist ganz in Weiß gekleidet, er trägt eine weiße Netzhaube und schaut trotz seiner Gummistiefel mehr nach Chefkoch oder Arzt aus als nach Metzger. Sauber.

500 Teilnehmer aus aller Welt

Am 13. und 14. März findet im französischen Mortagne-au-Perche der größte und bedeutendste internationale Blutwurstwettbewerb statt. Mehr als 500 Teilnehmer aus der ganzen Welt schicken ihre Blutwürste in die Normandie, die Juroren der Confrèrie des Chevaliers du Goûte Boudin (Bruderschaft der Blutwurst-Ritter) küren die Sieger aus drei Kategorien. Die französischen Blutwurst-Meister matchen sich in einer eigenen Klasse (angeblich, weil die anderen ansonsten nie die Chance auf einen Preis hätten), die übrigen Teilnehmer werden in die Kategorien "Tradition" und "Innovation" eingeteilt.

Sächsische Blutwürste mit Speckwürfel treten dabei gegen englischen Black Pudding mit Pfefferminze an, neuseeländische Blunzen mit extrem hohem Blutanteil sind ebenso vertreten wie spanische Morcillas oder scharfe, kreolische Boudins Rouges. Meiringer war 2005 erstmals dabei. Die Idee dazu hatte Gattin Herma. "Unsere Blunze wird von vielen Kunden sehr gelobt", sagt Herma Meiringer. "Da wollten wir wissen, wie gut sie im Vergleich zu anderen ist."

Blutwurstproben

Die Spesen für die Teilnahmegebühr (etwa 50 Euro pro Probe) waren eine gute Investition: Die Blunze aus dem Burgenland eroberte gleich beim ersten Antreten die Goldmedaille. 2006 wurde der Erfolg wiederholt. 2007 ist Meiringer leer ausgegangen - aber nur, weil seine Blutwurstproben auf dem Weg in die Normandie verschollen waren. "Die Konkurrenz arbeitet mit allen Tricks", witzelt Meiringer. 2008 wechselte er den Paketdienst und holte abermals Gold. Heuer will er den Titel verteidigen. Nervös ist er deshalb nicht. "Wir machen für den Wettkampf ja keine spezielle Blunze, sondern genau die, die wir im Geschäft und am Naschmarkt verkaufen."

Das Rezept für die Titelverteidigung klingt vergleichsweise profan: Meiringers Blunzen haben einen Blutanteil von etwa 20 Prozent, dazu kommen Schweinsbacken, Goderl, Schwarten, Schweinefleisch sowie Salz, Pfeffer, Knoblauch, Piment (auch Neugewürz oder Jamaikapfeffer genannt) und Majoran. Typisch für die Region ist die Zugabe von Semmelstücken. Die Zutaten werden von einem kräftigen Gesellen mit bloßen Händen vermischt, seine Arme stecken bis zu den Ellbogen in der dunkelroten Masse.

Ein anderer Geselle bedient den Wurstfüller: Ein kurzer Drücker, und der schlaffe Schweinsdarm an der Spritze wird zur prall gefüllten Wurst. Noch 30 Minuten kochen, danach ist die Blutwurst fertig für eine erste Verkostung. Sie wird mit einer samtig-weichen Konsistenz am Gaumen vorstellig, dann spürt man ganz zart die verschiedenen Gewürze, zum Abgang gibt's einen dezenten Pfeffer-Kick.

Müsli-Blunzen

Das Rezept stammt im Prinzip von Meiringers Ur-Urgroßvater Franz, der den Betrieb 1840 gegründet hat. Seither wird es mündlich überliefert. "Wir versuchen natürlich, immer besser zu werden, und probieren einiges aus", sagt Julius Meiringer. Er hat schon Kürbiskerne, Preiselbeeren und Reis in seine Blutwürste gegeben, sogar eine Müsli-Blunzen hat er ein paar Mal produziert. "Aber die klassische Blunze ist die beste", meint Meiringer.

Entscheidend für ihren Geschmack sind das Mengenverhältnis der einzelnen Zutaten und der Zeitpunkt ihrer Beimengung. "Da kann man sich bei der WM vor allem von den Franzosen viel abschauen", meint Meiringer. Wenn ihn Monsieur Jean Eichelbrenner, Ritter der Blutwurst und Leiter der Jury, Ende März anruft, wird Meiringer erfahren, ob er seinen Titel verteidigen konnte. Und ob die Golser auch künftig "Wödmasta" zu ihrem Fleischer sagen können. (Wolfgang Knabl/Der Standard/rondo/13/03/2009)