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In Rotterdam bieten die "Archiguides" gut gemachte Architektur-Stadtführungen an – eine zweistündige Fahrradtour in englischer Sprache kostet ab EURO 130.

Die Internetadressen der beiden im Text erwähnten Hotels in Rotterdam sind jene des Hotels New York und des Hotels Stroom.

Rem Koolhaas' Kunsthalle in Rotterdam verdeutlicht mit ihren Schaufenstern das Konzept der Art Cities: Vorhandenes wird sichtbar gemacht.

Das Gesamtprogramm der vier niederländischen Art-Cities für 2009 und 2010, das mit der Eröffnung einer Ausstellung über Erasmus von Rotterdam am 8. November bereits begonnen hat, findet man unter: www.hollandartcities.com.

Foto: holland.informationstore.net

Als Alternative zur Anreise mit dem Flugzeug eignet sich die gute, tägliche Zugverbindung mit dem "Donau Kurier" um 20.35 Uhr vom Wiener Westbahnhof nach Amsterdam. Wer nach Den Haag oder Rotterdam möchte, steigt bereits in Utrecht aus und fährt mit der niederländischen Bahn weiter (Infos: ÖBB).

Rotterdam wird ab Salzburg oder Innsbruck, aber auch direkt von der Budget-Airline Transavia angeflogen. Touristische Informationen zu den Niederlanden und zu den Städten Den Haag und Rotterdam bieten die jeweiligen Fremdenverkehrsämter:
www.niederlande.de/de
www.denhaag.com
www.rotterdam.info

Grafik: DER STANDARD

Der weiße Klapperstorch, der im Stadtwappen von Den Haag abgebildet ist, hat den Bewohnern nichts als Spott eingebracht. Er karikiere sie perfekt, berichtet Stadtführer Lya Hendriks: "Hohe Beine, geschmückte Federn und eine große Klappe."

Der Stolz der Den Haager sei aber nicht grundlos: Schließlich wurde hier, erstmals in den Niederlanden, ein Haus mit Zentralheizung gebaut, schließlich lebte hier mehr als ein Jahr lang der Maler Vincent van Gogh. Der ehemalige Palast des Moritz von Nassau, das im klassizistischen Stil errichtete Mauritshuis, beherbergt heute die königliche Gemäldegalerie mit tatsächlich Einzigartigem: Die Sammlung flämischer und holländischer Meisterwerke von Peter Paul Rubens, Rembrandt van Rijn oder Jan Vermeer. Ab Februar 2009 will sich das Gemäldekabinett im Rahmen des Art-Cities-Programms etwas mehr um den Landschaftsmaler Jacob van Ruisdael kümmern - überall sonst waren seine Werke eher zu finden als in den Niederlanden. Neben dem Mauritshuis beteiligt sich auch das Gemeentemuseum an der Verdichtung zur Art City - die Veranstalter werben schließlich mit der "weltweit höchste Konzentration von Kunst- und Kulturaktivitäten pro Quadratkilometer". So wird im Gemeentemuseum im Frühjahr 2009 die Ausstellung "Liebe, Kunst und Leidenschaften" gezeigt, bei der Künstlerpaare wie Pablo Picasso und Dora Maar oder Frida Kahlo und Diego Rivera im Mittelpunkt stehen.

In der altehrwürdigen Königsstadt findet sich aber auch beeindruckende Architektur, etwa der Binnenhof, in dem regelmäßig das niederländische Parlament tagt, oder der erstaunlich bescheiden wirkende Noordeinde-Palast, die Arbeitsresisdenz von Königin Beatrix. Das Zentrum der Stadt, in der sich auffallend viele Jugendstilgebäude befinden, lässt sich hervorragend zu Fuß erschließen.

Königlicher Kontrast

Im nur dreißig Kilometer entfernten Rotterdam, in dem sich ebenfalls zwei Museen an den Art-Cities-Themenjahren beteiligen, erlebt der Besucher das architektonische Kontrastprogramm zur beschaulichen Königsstadt. Die Innenstadt Rotterdams war im Zweiten Weltkrieg von der Luftwaffe Nazideutschlands fast vollständig zerstört worden. "Nach dem Krieg", so berichtet Sereh Mandias, eine Architekturstudentin, die für die "Rotterdamer Archiguides" unterwegs ist, "gab es Diskussionen, ob man das alte Rotterdam rekonstruieren oder modernistisch gestalten soll. Die Modernisten setzten sich durch."

Eines der augenfälligsten Gebäude aus dieser Zeit ist das 1953 errichtete Groothandelsgebouw neben dem Hauptbahnhof. Hier wurden zahlreiche kleine Geschäfte, die durch die Brände im Jahr 1940 zerstört worden waren, neu angesiedelt. Auch im Zentrum Rotterdams, dort wo einst am Ufer des Flusses Rotte ein kleines Fischerdorf gewesen war, hat sich längst die Moderne durchgesetzt. Am beeindruckendsten sind hier zweifellos die vom Architekten Piet Blom entworfenen Kubuswohnungen, die den Eindruck erwecken, ein Riese hätte schwarz-gelbe Würfel kunstvoll ineinander verschachtelt.

Die Moderne prägt ganz Rotterdam, doch zwei Viertel gelten als Musterbeispiele für gelungene Stadterneuerung: Etwa das Lloydsquartier, das sich vom Hafen- und Lagergebiet zum In-Viertel gewandelt hat. Heute finden sich hier Theater und Fernsehstudios ebenso wie das Hotel Stroom, das im ehemaligen Elektrizitätswerk entstanden ist. Ein besonderer Blickfang ist auch das Gebäude der Hochschule für Schifffahrt- und Transport. Die Hochburg der maritimen Wissenschaft befindet sich in einem Gebäude, das wie gestapelte Schiffscontainer wirkt. Der Hörsaal im obersten Stock ragt in siebzig Metern Höhe ins Nichts.

Kolonialwarenmix

Das zweite Vorzeigeviertel ist das Städtebauprojekt Kop van Zuid, direkt am Ufer der Neuwen Maas. Dort, wo früher ein Zentrum des niederländischen Kolonialhandels war, hat sich ein kontrastreicher Mix aus Alt und Neu breitgemacht. So sind es vom Gebäude des World Port Centers, einem 124 Meter hohen Glaspalast vom britischen Architekten Sir Norman Forster , nur wenige Meter bis zum Hotel New York, das im 1901 gebauten Verwaltungs- und Abfertigungsgebäude der Holland-Amerika-Linie an der Wilhelminakade untergebracht ist.

Zwischen 1880 und 1925 wanderten von Rotterdam fast eine Million Menschen nach Nordamerika aus. Ein Aufbruch zu neuen Ufern, der erst später nach Rotterdam zurückstrahlen sollte. Rem Koolhaas, der wohl bedeutendste hier ansässige Architekt, wurde bei der Entwicklung seines Stils von der Architektur Manhattans geprägt. Doch obgleich Koolhaas und das von ihm mitgegründete Office for Metropolitan Architecture (OMA) von Rotterdam aus Architekturgeschichte schreiben, sind die Spuren, die er in seiner Heimatstadt hinterlassen hat, eher spärlich gesät.

Das markanteste Koolhaas-Gebäude der Stadt ist kein Wolkenkratzer, sondern die Rotterdamer Kunsthalle, die 1992 errichtet wurde. An den Art-Cities-Themenjahren beteiligt sie sich mit einer Werkschau des Bildhauers Alberto Giacometti. "Mit der Kunsthalle", ergänzt die Architekturstudentin Sereh Mandias, die Touristen häufig per Fahrrad durch Rotterdam lotst, "ist Koolhaas international bekannt geworden." Die große Glasfassade, die es ermöglicht, ausgestellte Kunstwerke bereits von außen zu sehen, verdeutlicht das Konzept aller niederländischen Art-Cities: Vorhandenes wird sichtbar gemacht. (Florian Flieger/DER STANDARD/Printausgabe/22./23.11.2008)