Es kann zu Jubiläen schließlich nicht ausbleiben, dass man zwanghaft bilanziert.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Doris Priesching

Nachdem wir es getan hatten, schimpfte Corn: "Das sind die fadesten Fotos von allen!" Corn weiß das, denn er hat, wie Sie sich auf mehreren Seiten der morgigen Jubiläumsausgabe überzeugen können, alle Ressorts abgelichtet. Überzeugen Sie sich selbst, ob die Fotos mit den Kolleginnen und Kollegen der Kulturredaktion des Standard tatsächlich die fadesten sind. Sollte es so sein, ist mir das lieb. In der scheinbaren Erstarrung vor dem ungewohnten Fotografiertwerden drückt sich Unbeholfenheit aus, die man unter Menschen nicht vermutet hätte, die tagtäglich in den Dienst der Öffentlichkeit treten. Allein diese Sensibilität in Zeiten von Eloquenztest und Medientraining muss gefeiert werden. Sie lebe hoch!

Wem das zu verhalten ist: Dass vor 20 Jahren nicht wenige keinen Groschen darauf gesetzt hätten, dass es uns heute noch gibt; dass es nicht wenige Entscheidungsträger gab, die ein Ende des Standard mit bedauerndem Achselzucken hingenommen hätten; dass wir bis heute unbequem geblieben sind - das sollte zumindest das fade Foto aufwiegen.

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Contra---
Von Ljubisa Tosiæ

Nichts gegen das Feiern an sich. Diese spezielle Art allerdings schlägt aufs Gemüt, wirft sie einen doch zurück auf gemeinhin Verdrängtes und spült sie doch in einem üble Fragen hoch. Es kann zu Jubiläen schließlich nicht ausbleiben, dass man zwanghaft bilanziert und merkt, zwanzig Jahre zum Beispiel sind vergangen wie fünf; gealtert ist man jedoch in diesen gefühlten fünf Jahren um empfundene dreißig. Zudem die Fragen: Was war man eigentlich, was hätte man sein können? Was ist man nun, und was wird man sein - falls man überhaupt noch sein wird? Darüber nachdenken zu müssen ist extrem unangenehm.

Wer in harten Zeiten feiert, der ärgert außerdem womöglich sein Schicksal über das erlaubte Maß hinaus - und die Rahmenbedingungen sind in der Tat etwas aus den Fugen. Banken gingen ins Casino, sind nun misstrauische Pflegefälle, der ATX sieht aus wie ein leerer Dudelsack. Wenn das so weitergeht, kehren wir bald zum guten alten Tauschhandel zurück. Du gibst mir einen Sack Mehl, dafür gibt's von mir drei Hühner. Und eine Zeitung noch dazu. (Der Standard/rondo/17/10/2008)