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Der metrosexuelle Mann hat ausgedient: Männer wollen es wieder männlich. Das ist an den neuen Duftkampagnen ablesbar und natürlich an den Parfüms selbst: Kräftigere Mischungen dominieren derzeit den Markt.

Irgendwann, es ist noch gar nicht so lange her, war nicht mehr vom Mann die Rede, sondern von der Zielgruppe Mann. Das war zu jener Zeit, als Kernseifen aus den Herren-Badezimmern verschwanden und plötzlich nicht mehr nur ein Flakon Aramis unter dem Spiegel stand. Die Kosmetik- und Parfümindustrie war auf die Männer gekommen. Und sie biss sich in ihnen fest.

Das hat Spuren hinterlassen: "Heute kaufen immer weniger Frauen das Parfüm für ihre Männer. Richtig wohl fühlen sich Männer in Parfümerien trotzdem nicht." Cornelia Reinbacher ist Marketingmanagerin bei Coty, dem weltgrößten Parfüm-Unternehmen, zu dem Marken wie Tom Ford, Calvin Klein, Chloé, Joop! oder Davidoff gehören. Der Männerduftmarkt, erklärt sie, sei zwar mit 18 Prozent Anteil der kleinste, dafür erziele er mit vier Prozent jährlichem Wachstum die höchsten Zuwachsraten. Allerdings sei er auch einer mit ganz besonderen Regeln. Auch was die Werbung betrifft: "Wir versuchen, Werbung mit klassischen Männerdomänen zu verknüpfen." Für "Davidoff Adventure" wählte man Ewan McGregor als Testimonial und warb auf der "bike 2007", einer Motorradmesse, um die Kunden in der ihnen vertrauten Umgebung zu erreichen.

Sechshundert Duft-Neuerscheinungen

Wir lernen: Das testosterongeplagte Geschlecht will dort abgeholt werden, wo es sich zu Hause fühlt. Mit bis zu sechshundert Duft-Neuerscheinungen im Jahr ist es verunsichert genug. Also setzen fast alle Neuerscheinungen in diesem Herbst - so viele gab es noch nie! - auf maskuline Eleganz bzw. auf das, was Marketingmenschen darunter verstehen. Bei Dior Homme Sport hält Jude Law seinen Dreitagesbart in die Meeresluft, bei Guerlain Homme ist der Mann gleich ein Tiger, bei Porsche Design the Essence sieht man den Kunden - richtig - als Porsche-Fahrer. Die vielbeworbene Männlichkeit soll sich auch in der Komposition niederschlagen: Überwogen bisher aquatische, frische und eher süßliche Düfte, geht der Trend ab diesem Herbst zurück zu würzigeren und holzigeren Duftnoten - kräftigen, "männlicheren" Mischungen.

Und irgendwann, so hoffen die Duft-Anbieter, verwendet das Gewohnheitstier Mann mehr als einen Duft in seinem Leben. Daran klammert sich auch Theresa Inama von L'Oréal Produits de Luxe, dem zweiten großen Anbieter von Parfüms: "Ich bin davon überzeugt, dass dann nicht mehr die Hälfte aller Neuerscheinungen im ersten Jahr ab der Einführung wieder verschwindet." Genau das ist derzeit aber der Fall. Je mehr sich Düfte gleichen, desto wichtiger ist die Abgrenzung über Verpackung und Image. Die vielen Parfüms haben zu Marketingschlachten geführt: Obwohl Parfüms im Allgemeinen in der Herstellung nicht wirklich teuer sind, kosten sie die Firmen ein kleines Vermögen, da Produktdesign, Testimonials oder Werbung arg zu Buche schlagen. Man munkelt, dass die Chanel-No.5-Kampagne mit Nicole Kidman mehr als 25 Millionen Euro gekostet hat, die Herstellung des Duftes aber nur einen Bruchteil.

An dieser Entwicklung, meint Heinz Draxl, seien die großen Konzerne selbst schuld: Er ist Geschäftführer der auf exklusive Marken spezialisierten Parfümerie "Le Parfüm" am Wiener Petersplatz. Den vielen Neuerscheinungen wirft er "Verwechselbarkeit" vor. "Da Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, wird ein Duft, wenn er sich gut verkauft, zigfach kopiert, um ähnliche Erfolge zu erzielen. Vieles, was nach ck One, Joop! Red oder Davidoff Cool Water gekommen ist, riecht fast genauso." Er sieht seine Nischenmarken und exklusiven Düfte als Gegenstatement zu den Parfümerieketten. Exklusivität hat jedoch auch ihren Preis: Wer sich olfaktorisch von anderen abheben möchte, muss bereit sein, zwischen 80 und 2000 Euro zu zahlen. (Timon B. Schaffer/Der Standard/rondo/17/10/2008)