Der offen gehaltene Pool- und Restaurantbereich im Royal Palm ist in traditioneller Bauweise mit Stroh gedeckt.

Foto: Beachcomber Hotel/Royal Palm
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Gestresste Gäste finden Entspannung beim Yoga.

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Ein Großteil der Insel ist von Zuckerrohrfeldern bedeckt .

Foto: Reuters/STR
Grafik: DER STANDARD

uréka heißt das Landhaus, denn ihr Paradies glaubten seine Erbauer 1830 in den Mokabergen auf Mauritius gefunden. 109 Türen sorgen für fantastische Ausblicke auf den tropischen Garten, und ein ausgeklügeltes Ventilationssystem bescherte den feinen Herrschaften auch in den heißen Wintermonaten einen kühlen Schlaf.

So wie die Familie Leclézio wäre vor 150 Jahren kein vernünftiger Mensch auf die Idee gekommen, sich freiwillig in den Niederungen der Küste anzusiedeln, wo doch in den Bergen das Grün des Urwaldes den Augen schmeichelt und der Moka River in Kaskaden gen Tal rauscht. Gerade noch einen einzigen Ebenholzbaum kann der interessierte Besucher heute in dem weitläufigen Gelände rund um das kreolische Landhaus bewundern. Dabei war einst fast die gesamte Insel im Indischen Ozean von Ebenholzbäumen bedeckt.

Schildkröten, Dodos und Ebenholzwälder waren es, die portugiesische Seefahrer 1505 auf Mauritius vorfanden und denen sie unter tatkräftiger Mithilfe von erst holländischen, dann französischen und britischen Kolonialherren ungefähr in dieser Reihenfolge den Garaus machten. Und so ein schwarzer Ebenholzbaum hat eine Wachstumszeit von gut und gerne 800 Jahren, da wird nicht eben schnell wiederaufgeforstet.

Das Zuckerrohr, traditionell die wichtigste Einnahmequelle der Insel, brachten die Holländer 1639 - ursprünglich nur zum Zwecke der Schnapsbrennerei, erst später für die Zuckergewinnung. Fährt der Urlauber vom Flughafen im Südosten in Richtung der Hauptstadt Port Luis im Nordwesten, sieht er deswegen noch heute kilometerlang nichts als die eintönigen Reihen der Zuckerrohrfelder, unterbrochen nur von einem der vulkanischen Krater, auf denen die letzten Reste Urwald erhalten sind.

Wirklich attraktiv sind auf Mauritius also vor allem die Strände, und an der Grand Baie im Norden haben sich die i i renommiertesten Hotelketten schon vor vielen Jahren die schönsten Gründe gesichert. Das Royal Palm zum Beispiel betritt man über eine Zugbrücke, die in den namensgebenden Palmenhain führt. In diesen haben kluge Planer mit lockerer Hand einen großzügigen Empfangs-, Bar- und Restaurantbereich gestreut, drei Schritte nach dem Einchecken kann sich der Gast schon in den Pool gleiten lassen und auf das milchig-weiße Meer hinausblicken.

Die Zimmer und Suiten liegen entlang der Bucht im Garten verstreut, seit dem Vorjahr gibt es auch einen großen, neuen Spa-Bereich. Wie in einem Amphitheater gruppieren sich hier Ruhezonen und Behandlungsräume um einen, anders als in den Bergen, künstlichen Wasserfall. Verwendet wurden die Materialien der Region, die schwarzen Lavasteine, grob behauene Granitblöcke und Zuckerrohrstroh für die Dächer. Verkehrte Welt: Wo bis vor wenigen Jahren auf Mauritius nur mehr die Armen ihre Häuser in traditioneller Bauweise errichteten - so ein Strohdach fliegt bei einem Zyklon schon gern einmal davon - wird dieses Lokalkolorit gerade in der Luxushotellerie besonders geschätzt. Die Einheimischen errichten derweil solide Betonmauern, die halten einfach besser.

Überhaupt spielt das Zuckerrohr eine zunehmend museale Rolle. Gab es in den Spitzenzeiten über 200 Zuckerrohrfabriken auf der Insel - Rekord waren 229 -, werden es bis 2010 nur mehr vier sein. Noch vor wenigen Jahren brachte der Verkauf von Zucker jeden vierten Export-Dollar - und der Bevölkerung einen für Afrika ungewöhnlich hohen Lebensstandard. Über Jahrzehnte wurde der Zuckerpreis von der EU für die ehemalige britische Kolonie künstlich hoch gehalten, doch diese Zeiten sind vorbei. Längst hat der Tourismus, dicht gefolgt von der Textilindustrie - Marken wie Lacoste und Dolce & Gabbana ließen auf Mauritius billig produzieren - den Zucker als Wirtschaftsfaktor überholt. Dementsprechend wurde die Zuckerfabrik "Beau Plan" bei Pamplemousses kurzerhand in das Museum "L'Aventure du Sucre" umgebaut. Auf 5000 Quadratmeter Fläche wird hier mit modernster Ausstellungstechnik die Geschichte der Zuckerverarbeitung erzählt.

Yoga im Resort und im TV

Dabei werden Anbaumethoden ebenso gezeigt wie historische Aufnahmen der Ernte, das unrühmliche Kapitel der Sklaverei wird nicht ausgespart. Von Juni bis Dezember wurde einst mühevoll mit Macheten geerntet, ein Großteil der Flächen wird heute mit dem Traktor bearbeitet. Aus acht bis neun Stangen Zuckerrohr, so lernt man, können rund 20 Kilo Saft gewonnen werden, die dann zwei Kilo Zucker bringen.

Mit mulmigem Gefühl durchsteigt man den Tank, in dem einst der Zuckersaft gekocht wurde, an anderer Stelle versucht ein Tourist, den exemplarisch gefüllten Zuckersack auch nur ein paar Zentimeter zu heben - und scheitert. Von derlei Strapazen erholt sich der Besucher in der "Village Boutik", dem obligatorischen Museumsshop. Hier wird Zucker in all seinen Spielarten feilgeboten: 15 Sorten, heller und dunkler, feiner und grober in Geschenkpäckchen und -döschen.

Daneben sind die ersten schon beim zweiten Zuckerrohrschnaps, Beratung gibt's in drei Sprachen, und nach dem vierten Glas versteht man einander von selbst. So verlässt kaum einer die Anlage ohne ein Präsent für die Lieben zu Hause. Nicht nur hier ist es für den Tourismus von Vorteil, dass so gut wie alle Mauritier neben der Amtssprache Englisch auch Französisch sprechen. Aus Frankreich kommen die meisten Gäste, aber die Russen holen auf.

Die russischen Gäste sind es auch, die sich selbst von einem jener kurzen Schauer in der Regenzeit nicht vom Strand vertreiben lassen, so als wollten sie ihren Honeymoon um jeden Preis auskosten, jede Minute lang. Die dekadenteren Europäer lassen sich derweil im Royal Palm Spa massieren oder machen einen "Parcours Relax" um 5700 Rupien, weil ja auch Entspannung Arbeit ist.

Derlei leistungsorientierte Gedanken möchte einem Trilo Gujadhur austreiben, doch eine Yogastunde wird dafür selbst im nagelneuen Meditationsraum nicht ausreichen. Für 65 Euro pro Einheit kommt der Guru ins Hotel, um gestressten Gästen sein Ackbar-Yoga näherzubringen. Zuerst einmal soll die Yogamatte in dem rundum verglasten Raum gedreht werden, pfeif auf den Blick auf den künstlichen Wasserfall! Schwestern, zur Sonne! Zur Sonne! "Natürlich soll der Sonnengruß", so Trilo, "gegen Osten gerichtet ausgeführt werden, wir wollen ja die Sonne begrüßen."

Nicht nur reiche Touristen unterrichtet der indischstämmige Yogalehrer, auch im Fernsehen hat er eine Sendung, in der er allen Mauritiern seine Philosophie näherbringt, ganz ohne Rechnung: "Alles ist Yoga, Yoga ist ein Weg, unseren Geist zu kontrollieren". Aber wie? - fragt sich der Schüler im abschauenden Hund, einer der Grundstellungen. "Mit der Atmung", verkündet Trilo und klopft sich vergnügt auf sein Bäuchlein. "Die Atmung verbindet Körper und Geist."

"In Europa wird aus Yoga ein Geheimwissen gemacht, dabei ist alles so einfach", fährt der Meister fort. "Jede Haltung, jedes Asana bedeutet Gleichgewicht und Wohlbefinden." Nach sieben Asanas, in denen sich Gleichgewicht und Wohlbefinden beim Anfänger nur in Teilen die Waage halten, entschwindet Trilo gut gelaunt: Er muss jetzt los, seinen 25. Hochzeitstag feiern, ein Zustand, an dem viele der anwesenden Honeymooner noch lange werden arbeiten müssen, wenn sie den schützenden Hain des Royal Palm erst wieder verlassen haben. (Tanja Paar/Der STANDARD/Rondo/10.10.2008)

Foto: Royal Palm / Beachcomber

(re.), unten Yogalehrer Trilo Gujadhur. Fotos: Beachcober, Lars Halbauer / Corbis (1)