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Der ÖVP-nahe Familienbund will Kinderwahlrecht haben.

foto: reuters/miller
Wien - Der ÖVP-nahe Familienbund hat am Donnerstag seine Forderung nach einem Kinderwahlrecht bekräftigt. Wegen der demographischen Entwicklung werde der Einfluss der Familien auf politische Entscheidungen ohnehin zurückgehen, so der Präsident des Familienbundes und oberösterreichische ÖVP-Landtagsabgeordnete Otto Gumpinger in einer Pressekonferenz in Wien. Die Pensionen der immer mehr werdenden Älteren müssten aber genau von den Jüngeren und den Familien bezahlt werden, warnte er vor einem Generationenkonflikt.

Die Zukunft der Familien könnte jedenfalls nur dann verbessert werden, "wenn wir den Familien die Chance geben, auf politische Entscheidungen stärker Einfluss zu nehmen". Der Verfassungsexperte Karl Lengheimer habe für den Österreichischen Familienbund eine Broschüre zum Thema "Wie allgemein ist das Wahlrecht?" erstellt. Lengheimer fordert darin eine Debatte über das Kinder- bzw. Familienwahlrecht ein. Eines ist für den niederösterreichischen Landtagsdirektor dabei klar: Einerseits "Wahlrecht ab 16" zu fordern und andererseits jedwede Diskussion über ein Kinderstimmrecht zu verweigern, lasse "jenes notwendige Maß an demokratischer Diskussionskultur vermissen, welche eine gute Weiterentwicklung unseres demokratischen Systems voraussetzt".

Ein Nein zur Forderung des Familienbundes kam umgehend vom Jugendvorsitzenden der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), Mario Lindner. "Das Wahlrecht ist unteilbar. Folglich ist auch nichts davon zu halten, dass Eltern für ihre Kinder zur Urne gehen sollen", betonte er in einer Aussendung. Stattdessen fordert Lindner eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre - "und zwar auf Gemeinde-, Landes-, und Bundesebene sowie bei Europawahlen."

Grüne und Bundesjugendvertretung sagen Nein

Ein Nein zur Forderung des ÖVP-nahen Familienbundes nach einem Kinderwahlrecht ist am Donnerstag von den Grünen und der Bundesjugendvertretung gekommen. "Der ÖVP-Familienbund stellt mit der Forderung, Eltern bei Wahlen höhergewichtete Stimmrechte einzuräumen als anderen WählerInnen das Prinzip des gleichen Stimmrechts und damit Grundprinzipien der Demokratie in Frage," kritisierte die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak, Familiensprecherin der Grünen. Sie fordert stattdessen ein Wahlrecht ab 16 Jahren.

Wer wolle, dass Jugendliche verstärkt in Entscheidungen eingebunden werden, müsse für diese Absenkung des Wahlalters eintreten, so die Abgeordnete. Für Mandak wäre ein von den Eltern ausgeübtes Kinderwahlrecht nicht hinzunehmen, weil es ein "Abgehen vom persönlichen Wahlrecht, das der Geheimhaltung unterliegt", bedeuten würde.

Auch Clemens Pichler, Vorsitzender der Bundesjugendvertretung (BJV), forderte eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Hinter dem vonm Familienbund geforderten Kinderwahlrecht verstecke sich eine "Mogelpackung": "Es ist falsch, von einem Kinderstimmrecht zu sprechen, wenn Erwachsene das Wahlrecht für Kinder ausüben. Erwachsene sind keine Kinder mehr und können deshalb auch nicht für Kinder sprechen", so Pichler. Außerdem stelle sich die Frage, wer denn garantiere, "dass Eltern zuerst ihre Kinder um deren Meinung fragen und diese dann auch ernstnehmen?"

SPÖ für Senkung des Wahlalters

"Absurd" ist für SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Gabriele Heinisch-Hosek die Forderung des ÖVP-Familienbundes nach einem "Kinderwahlrecht". "Wenn Eltern stellvertretend für ihre Kinder wählen dürfen, stärkt das in keinem Fall die Rechte der Kinder, sondern bedeutet eine Bevormundung durch die Eltern", so die Abgeordnete. "Der einzig richtige Weg sei, das Wahlalter im Sinne einer tatsächlich eigenständigen Mitbestimmung von Jugendlichen auf 16 Jahre für alle Ebenen zu senken.

"Eltern für ihre Kinder stimmen lassen - nein", meint auch die Wiener Kinder und Jugendanwaltschaft. Das Wahlrecht sei in allen demokratischen Staaten weder veräußerlich, abtretbar noch zur Ausübung übertragbar. Wichtig wären vielmehr die Herabsetzung des Wahlalters bundesweit auf 16 sowie die Implementierung der Kinderrechte in die Verfassung. (APA)