Georg Freizeit & die Rosaroten

Foto: Meinrad (Rabenhof)
Wien – Wenn's nach Jury-Mitglied Sigi Maron gegangen wäre, hätte vermutlich "Wir sind die Arbeiter von Wien" den Protest Song Contest am Donnerstag im Rabenhof für sich entschieden. Aber der Arbeiterchor sang außer Konkurrenz, ebenso wie Moderatorenduo Stermann & Grissemann, die den Maron-Klassiker 'Leckt's mi am oarsch' (offiziell: 'Ballade von einer harten Woche') gaben.

"Mit Ironie macht man keine Revolution"

Überraschend gewonnen hat den von Gerald C. Stocker initiierten Wettbewerb, aber Georg Freizeit & die Rosaroten mit "Die Weisheit mit dem Löffel". Die Band wusste die Jury mit der professionellsten Performance, aber vor allem mit dem Verzicht auf "Ironie" und den in den Songs der Mitbewerber allgegenwärtigen George-Bush-Bezug zu überzeugen. "Mit Ironie macht man keine Revolution. Das sieht man an Alfred Gusenbauer. Deswegen kann man diesen Song nicht hoch genug bewerten," lobte der sonst so gestrenge Martin Blumenau und vergab seine höchste Wertung.

Nicht mit Klestil

Für die als Favoriten gehandelten monochrom, die in der Vorausscheidung mit ihrer Version von Joan Jetts "I love Rock'n Roll" für Begeisterungsstürme sorgten, reichte es am Schluss nur für Platz drei. In russischen Uniformen intonierten sie "Ich will Planwirtschaft" und Stermann kommentierte resigniert: "Ich glaube die Mauer ist umsonst gefallen". Platz zwei ging an Binder-Krieglsteins "Alles verloren", einem anspruchsvollen, wenn auch traurigen Mix aus Klestils Angelobungsrede der schwarz-blauen Bundesregierung 2000 und Passagen aus Juliane Werdings über dreißig Jahre altem Schwermutssong "Am Tag als Conny Kramer starb". Ein klares "Nein" war die Antwort der Band auf die Frage, ob sie gerne beim nächsten Live-Auftritt mit dem Herrn Bundespräsidenten auf der Bühne stehen würde.

"Zeitzeugen des Bürgerkriegs" (Grissemann) in der Disco

Sigi Maron ortete am Abend einen "Generationenkonflikt" zwischen sich und den Musikern, denn was er oft vermisste waren qualitätsvolle Inhalte über aktuelle soziale Missstände wie etwa zunehmende Arbeitslosigkeit. Bei der Nummer "Willkommen in der Welt des Schmerzes", die trotz "Themenverfehlung" (Grissemann), aber einzigartiger Bühnenshow ins Finale kam, bemerkte Maron: "So kriegen wir keine Revolution."

Auch wenn sich Stefan Weber, Drahdi-Waberl-Frontman, manchmal ebenso wie sein Jury-Kollege in der Disco wähnte, sah er angesichts des Dargebotenen schon positiver in die Zukunft und spürte erste "Frühlingslüfterl der Weltrevolution". Bei den beiden Punk-Songs "Lisi Gehrer" und dem "Affensong" lachte ihm das Herz: "Es ist eine Freude zu sehen, dass es den Punk in Österreich und Deutschland noch gibt." Seine 9 Punkte und damit die beste Note vergab er aber trotzdem an die Planwirtschaftler.

"Drahdiwaberl hätten so was sicher nie gemacht"

Ausgerechnet mit dem "pornostar"-Leiberl des Siegers Georg Freizeit kam dann Stefan Weber nicht zurecht: "Das hat mich sehr gestört. Man muss doch nicht so provozieren." "Stimmt", attestierte Stermann, "Drahdiwaberl hätten so was sicher nie gemacht" (Johlendes Lachen im Publikum).

Song-Contest für einen Protest-Song?

Den Sieg der Endausscheidung nahmen Georg Freizeit & die Rosaroten" erstaunlich gelassen hin. Kein Kniefall, kein Johlen, kein Skandieren neuer Protestparolen. Beim finalen Auftritt fragte Georg Freizeit vorsichtig ins Publikum: "Hat's Euch wenigstens auch gefallen?" - Im Gespräch mit derStandard.at erklärte der Sänger, dass er die Präsentation seines Songs im Rahmen einer Veranstaltung mit einem solchen Show-Charakter etwas gewagt empfunden habe. Das Gegeneinander antreten störte, merkte er kritisch zur Art der Veranstaltung an. Auf den Abend im Rabenhof, den die Band als Erstplatzierter nun gestalten darf, freut sich der sympathische 28-jährige aber trotzdem. (Wir auch.)
Anne Katrin Feßler

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Plätze 2 - 9

2: Binder-Krieglstein (A): Alles verloren

3: Monochrom (A): Ich will Planwirtschaft

4: Conny Chaos und die Retortenkinder (A): Lisi Gehrer

5: Autlaw (A): A Gringo like me

6: Abteilung Liedermaching (D): Protestsong

7: wegotim (A): Ein bisschen Kriegen

8: Wilde 13 (D): Affensong

9: Christian & Michael (A): Willkommen in der Welt des Schmerzes

10: Robin Hook (A): Son of a B.

 

Sieger derStandard.at-UserInnen laut Umfrage

Monochrom (A): Ich will Planwirtschaft