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Nobelpreisträger und Clinton Berater Stiglitz.

Foto:APA/Gindl
Linz - Kritik am internationalen Währungsfonds, an der Wirtschaftspolitik der Bush-Administration und Versäumnisse der Clinton-Regierung: Viel zu bemängeln hatte Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz am Montag bei seinem Besuch für einen Vortrag in der Raiffeisenlandesbank in Linz. Sein Thema: Die New-Economy-Blase der 90er-Jahre samt den Turbulenzen nach ihrem Platzen.

Betrugs- und Bilanzfälschungsskandale wie beispielsweise Enron hätten verhindert werden können, wenn das Weiße Haus früher aktiv geworden wäre, zeigte sich Stiglitz überzeugt. Er habe in seiner Funktion als Wirtschaftsberater von Präsident Clinton bereits seit 1993 Änderungen bei Wirtschaftsprüfern gefordert, deren Versagen zu den Megapleiten beigetragen haben. Allein: "Es gab einige Leute, die die notwendigen Reformen nicht wollten."

Dennoch hat der Nobelpreisträger von Clinton eine vergleichsweise gute Meinung: "Obwohl ich ihm sehr kritisch gegenüberstehe, würde ich ihm noch die Note ,A' geben. Denn das, was nach ihm gekommen ist, verdient ein ,D minus'."

George W. Bush habe es innerhalb von drei Jahren geschafft, einen zweiprozentigen Budgetüberschuss in ein fünfprozentiges Defizit zu verwandeln und zusätzlich zwei Millionen Jobs zu vernichten. Ein Mitgrund der Wirtschaftsmisere aus der Sicht von Stiglitz: Die Militärausgaben. "Die sind völlig außerhalb jeder Relation. Die USA finanzieren einerseits den Krieg gegen den Terror, andererseits leistet sich das Land weiter ein riesiges Atompotenzial, obwohl es den Feind, gegen den diese Waffen eingesetzt werden können, nicht mehr gibt. Insgesamt geben die USA mehr Geld für weniger Sicherheit als früher aus."

Budgetdefizite stellen auch für Europa ein Problem dar, diagnostiziert der Nobelpreisträger. "Die hohen Abgänge werden den Euro weiter schwächen und das Wirtschaftswachstum verlangsamen", prophezeit Stiglitz.

Bei der Präsentation der Thesen seines neuen Buches "Roaring Nineties - Der entzauberte Boom" erneuerte Stiglitz aber auch die Kritik an Weltbank und Währungsfonds. Deren "ideologischer Glaube an einen Marktfundamentalismus" habe die Probleme in den Entwicklungs- und Schwellenländern verschärft. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 10.02.2004)