Wien - Die beiden BundespräsidentschaftskandidatInnen, Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) und der zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer (S) haben sich anlässlich des "Internationalen Tages Null Toleranz gegenüber weiblichen Genitalverstümmelungen" am Freitag betroffen über diese Praxis gezeigt, der weltweit jährlich etwa zwei Millionen Mädchen und Frauen unterzogen werden. Ferrero-Waldner rief in einer Aussendung zum "verstärkten Kampf gegen jede Form der Ausbeutung, Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen" auf und würdigte das Engagement "der Frauen in Afrika". Fischer zeigte sich in seiner Pressemitteilung "hundertprozentig solidarisch mit den Frauen und auch Männern, die gegen FGM (Female Genital Mutilation, weibliche Genitalverstümmelung; Anm.) ankämpfen".

Aktionsplan

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist an insgesamt 120 Millionen Frauen und Mädchen weltweit dieser Eingriff erfolgt. Viele von ihnen leiden ein Leben lang an den physischen und psychischen Folgen. FGM wird in etwa 28 Staaten der Welt, vorwiegend in afrikanischen Ländern mit patriarchalen Gesellschaftsstrukturen und auf Wunsch von Männern praktiziert. Am Freitag wurde im äthiopischen Addis Abeba ein Aktionsplan zur Bekämpfung dieser Praxis verabschiedet. Namens aller First Ladies von Afrika unterzeichnete die Frau des nigerianischen Präsidenten, Stella Obasanjo, eine Erklärung, die zu "Null Toleranz gegenüber Weiblicher Genitalverstümmelung auf dem Afrikanischen Kontinent" aufruft.

Ohne religiöse Begründung

Die Abgeordnete zum Europäischen Parlament Marilies Flemming (V), betonte in ihrer Pressemitteilung, dass Genitalverstümmelung von Frauen nicht religiös begründet sei. Sie mache vor keiner gesellschaftlichen Schicht halt und sei nicht nur im fernen Afrika zu finden: "Es passiert auch mitten unter uns - in Österreich und Europa. Eltern glauben, ihren Töchtern nur durch die sexuelle Verstümmelung ein gutes Leben an der Seite eines Ehemannes garantieren zu können. Die Mädchen glauben, sie seien ohne den Eingriff nicht rein, nicht schön."

Die Bundesfrauenvorsitzende der SPÖ, Barbara Prammer, spricht anlässlich des Aktionstages von der "krassesten, kaum vorstellbaren Form der Gewalt gegen Frauen", die nicht nur dazu führe, dass "zig Millionen Frauen ihrer sexuellen Empfindungen beraubt sind, sondern hat auch immense gesundheitliche Auswirkungen. Jedes Urinieren, jeder Geschlechtsverkehr wird zur Tortur und die Geburt eines Kindes zu einer lebensgefährlichen Angelegenheit", teilte Prammer per Aussendung mit.

Tatbestand der Körperverletzung

FPÖ-Frauenvorsitzende Elke Achleitner betrachtet das Strafrechtsänderungsgesetz 2001 als wichtigen Schritt gegen weibliche Genitalverstümmelung in Österreich. Zuvor habe "die Rechtslage oft nicht gegriffen, weil die Taten ja mit dem Einverständnis der Eltern geschahen". "In Österreich haben wir mit der Behandlung einer derartigen Beschneidung als Tatbestand der Körperverletzung zumindest dafür gesorgt, dass das Gesetz sich zwischen die Frauen, die in unserem Kulturkreis leben, und diese grausame Praxis ihrer Herkunftsländer stellt."

Die Frauensprecherinnen der Grünen, Brigid Weinzinger, die SPÖ-Bundesfrauensprecherin Barbara Prammer sowie die Frauensprecherin der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ), Stefanie Vasold, beklagten, dass FGM in Österreich nicht als Asylgrund anerkannt ist. "Es sollte selbstverständlich sein, dass eine Frau, der (weitere) Genitalverstümmelung droht oder deren Töchter gefährdet sind, Schutz vor dieser geschlechtsspezifischen Verfolgung findet", teilte Weinzinger mit. Lediglich in zwei Fällen sei Aufenthaltsrecht gewährt worden. Die SJÖ führte vor dem Hintergrund des internationalen Tages eine Aktion am Freitagvormittag in der Wiener in der Mariahilfer Straße durch. (APA)