Baden - Ungeachtet des Kompromisses, der sich im Streit um Österreichs Klimastrategie und den Handel mit Emissionszertifikaten abzeichnet, macht die heimische Industrie gegen die geplanten Maßnahmen zur Absenkung der CO2-Emissionen weiter Druck.

"Man kann jeden Ofen abdrehen und jedes Auto stehen lassen. Die Frage ist nur, was wir in Österreich erreichen wollen?" Werner Tessmar-Pfohl, Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer (WKO), hält mit seiner Ablehnung der ehrgeizigen Regierungspläne nicht hinterm Berg.

Weil es politisch nicht opportun sei, die größten Schadstoffemittenten, nämlich Verkehr und Hausbrand, anzugehen, fürchtet Österreichs Industrie, den Löwenanteil der Kosten tragen zu müssen und als alleiniger "Zahlmeister" übrig zu bleiben. Daher brauche es einen Neustart, zumindest aber eine "Nachdenkpause", forderte der Industrie-Obmann beim diesjährigen WKO-Seminar zum Thema Standortpolitik.

Gedanken macht man sich auch auf EU-Ebene. Und zwar darüber, wie das Kyoto-Regime mit dem Zertifikatshandel - der bei der Reduktion der Schwefelemissionen in den Neunzigerjahren übrigens weltweit gut funktioniert hat -, auch bei den CO2-Emissionen funktionieren kann. "Europa braucht zumindest einen Partner außerhalb, zum Beispiel Russland", sagt Heinz Zourek von der EU-Generaldirektion Unternehmen.

Sonst gäbe es keinen Überschuss an Zertifikaten, keine kritische Masse und keinen Markt. Einem "Rumpf-Kyoto" ohne USA, Japan und Russland sei schlicht die "Geschäftsgrundlage entzogen". In der geplanten Form führe es zu Vermeidungsinvestitionen, was für Europa nicht gut sei.

Ob die Offensive der Kammer noch etwas nützt, ist fraglich. Denn am 10. Februar soll ein mittlerweile "entschärftes" Emissionsschutzgesetz den Ministerrat passieren. Dieses wird, wie berichtet, als Entlastung Reserve-Gratiszertifikate für Neuinvestitionen enthalten. (ung/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31. 1./1. 2. 2004)