Je nachdem, was aktuelle Gesundheitsstudien und Diät-Errungenschaften wieder einmal ergaben, ob der Wok gerade entdeckt wurde oder man sich kollektiv in Antipasti verliebte: jeder kulinarischen Epoche ihr In-Gemüse. Die folgende Chronik entbehrt jeder historischen Grundlage und fußt allein auf Einschätzungen und vagen Erinnerungen.

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Ende der 70er-Jahre: Brokkoli

Untersuchungen ergaben, dass das etwas bittere Gemüse ganz mörderisch gesund ist: Vitamin C und Betacarotin, und vor allem Glucosinolate, denen man wesentliche Wirkung als Karzinogen nachweisen konnte. Also aß die ganze Welt den gesunden Broccolo, gedünstet, mit Bröseln, mit Käse überbacken, wie man das damals halt gemacht hat. Gut war's nicht.

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Frühe 80er-Jahre: Vogerlsalat

Der Vogerlsalat schaffte es in den 80er-Jahren, der bis dahin obligaten und als unersetzlich geltenden Garnitur - Fächergurkerl, Paradeiser-Scheibchen und der legendäre "Rote Wurli" - den Rang als beliebteste essbare Dekoration abzulaufen. In Kombination mit dem ebenfalls stark aufkommenden Kürbiskernöl und dem herzhaften Speckwürferl schaffte er es sogar in die obersten Ränge der Edelbeisl-Hitlisten.

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Ab 1985: Zucchini

Auf einmal waren überall Zucchini. Klar, wer einmal mitangesehen hat, wie die Dinger wachsen, weiß auch, dass sich der Kürbis um Nachfrage nicht weiter schert, er schafft ganz einfach Tatsachen. Also aßen wir Zucchini gefüllt, gebraten, als Laibchen, als Cremesuppe, als Gemüse mit Majoran, als Gemüse mit Kerbel und als Gemüse mit Thymian.

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Ende der 80er-Jahre: Spargel

Der Spargel war das erste wirkliche Hype-Gemüse. Klar, schließlich gibt es ihn nur kurz, er ist nicht billig, man sagte ihm sagenhafte Wirkung in Sachen Libidosteigerung nach, er ist nicht so wahnsinnig leicht zuzubereiten, und er hat einen Jahrtausende alten Ruf als Gemüse der Könige. Okay, das reichte, dass fortan nicht mehr nur im Marchfelderhof der Spargelwahnsinn grassierte, sondern jede Würstelbude ihre Spargelwochen ausrief, Spargelweine verkostet und prämiert wurden, Spargelköniginnen eine Krone erhielten, Spargel-Sonderausgaben erschienen.

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1995: Rucola

Manche werden sich vielleicht noch an die Zeit erinnern, als Rucola entweder noch sehr besonders oder überhaupt noch gar nicht bekannt war. Heute hat man die Rauke vom Amuse-Gueule über Vorspeise, Suppe bis zur Hauptspeise eigentlich überall dabei, besonders ambitionierte Gastronomen sollen es sogar schon geschafft haben, Rucola-Sorbets herzustellen. In den späten 90er-Jahren gingen große Teile der urbanen weiblichen Bevölkerung dann dazu über, sich überhaupt nur mehr von Rucola zu ernähren. Ein Musical namens "Jesus Christ, Rucola" soll demnächst seine Uraufführung haben.

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1997: Avocado

Die Avocado war unser liebstes Gemüse in Zeiten, da man kulinarisch über den Ozean zu schauen begann und sich dafür interessierte, was die Kalifornier da so kochen. Die Garnele, das Limetten-scheibchen, der Tunfisch, kurz und scharf angebraten, das Korianderblättchen, der knusprige Filo-Teig die unvermeidlichen Begleiter. Avocado brachte sogar nach Amstetten ein wenig Rodeo-Drive.

pedro negro

1999: Kürbis

Ein Land sieht orange. Mit Kürbiscremesuppe begann es, Kürbis im Wok, Kürbisrisotto, Kürbisgnocchi, Kürbisstrudel, kandierter Kürbis, marinierter Kürbis, flambierter Kürbis. Kürbiskochbücher sonder Zahl und ohne Ende, Kürbis-dekorationen vor, während und nach Halloween. Kürbisbier! Die Kürbissaison geht mittlerweile bis zur Spargelsaison, und beginnt danach auch gleich wieder.

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2002: Rote Rübe

Mit Roten Rüben ist es nicht leicht, ein fades Essen zu machen, schon einmal farblich. Vielleicht deshalb wurde im vorigen Winter die gute alte Rote Rübe wieder entdeckt und lief zur Hochform auf. Als Suppe sowieso, aber auch gebraten, im eigenen Essig von Erwin Gegenbauer mariniert, von Hanner in die Salzkruste gesteckt, von Wrenkh gegrillt.

pedro negro

Sommer 2003: Paprika

Der vorige Sommer war der Sommer der Paprika. Nach jahrelanger Beschränkung auf rot, gelb und grün kamen der violette, der kleine grüne, der noch kleinere grüne und dann überhaupt noch jede Menge der würzigen Schoten auf den Markt. Außer sie zu füllen, fiel den heimischen Wirten zwar noch nicht so viel ein, aber das wird schon noch. (floh/Der Standard/rondo/30/01/2004)

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