Paris/Brüssel - EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ist von einer Lösung des Zypern-Konflikts noch vor der Aufnahme der Insel in die Europäische Union am 1. Mai überzeugt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe verstanden, dass es keinen anderen Ausgangspunkt gebe als den von den Vereinten Nationen vorgeschlagenen Wiedervereinigungsplan, sagte Prodi am Mittwoch dem französischen Rundfunksender RFI. Er selbst habe Erdogan alle Bedingungen dargelegt, um bis zum 1. Mai zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen, sagte Prodi. Erdogan habe darauf "sehr, sehr positiv" reagiert. Prodi will zu Mittag in Brüssel mit Annan über den Zypern-Konflikt beraten.

Annan: Zypriotischer Bundesstaat mit ungeteilter Souveränität

Völkerrechtlich tritt am 1. Mai ganz Zypern - einschließlich des von türkischen Truppen besetzen Nordens - der EU bei. Durch die Stationierung von rund 30.000 Soldaten im Nordteil der Insel würde die Türkei, die selbst auf Beitrittsgespräche hofft, damit ab dem 1. Mai EU-Gebiet besetzen. Der Wiedervereinigungsplan von UNO-Generalsekretär Kofi Annan sieht einen zypriotischen Bundesstaat mit ungeteilter Souveränität aus zwei gleichberechtigten Gebietseinheiten für die griechische und die türkische Volksgruppe vor. Der Plan war bisher vom türkisch-zypriotischen Führer Rauf Denktas abgelehnt worden; dieser wollte ausschließlich eine Konföderation von "zwei Staaten" akzeptieren.

Denktas zur Wiederaufnahme der Volksgruppenverhandlungen bereit

Denktas hat sich unterdessen zur Wiederaufnahme der Volksgruppenverhandlungen bereit erklärt. Die von der UNO initiierten Verhandlungen waren im März des Vorjahres in Den Haag an der Haltung der türkisch-zypriotischen Seite gescheitert. Die Türkei hatte nach ihrer Invasion 1974 im Norden der Insel und mehr als 110.000 Festland-Türken angesiedelt. (APA)