Die Vorfälle rund um den Grenzposten in Gmünd sorgen für ein Nachspiel

montage: derStandard.at
Wien - Im November haben die Praktiken des Grenzpostens Gmünd für Aufsehen gesorgt. Beamte hatten die Bitten von 74 Tschetschenen um Asyl ignoriert und sie kurzerhand nach Tschechien zurückgeschoben. Eine Kommission des Menschenrechtsbeirates hat den Grenzübergangsposten überprüft und stellt in einem vertraulichen "Dringlichkeitsbericht" fest, dass sich die Vorwürfe gegen die Beamten "eher bestätigt" hätten, berichtet der morgen, Mittwoch, erscheinende "Falter".

Dringender Rat an Strasser

Der Beirat ersucht Innenminister Ernst Strasser (V) dringend, sicherzustellen, dass Asylwerber nicht "durch Ausübung von Drohungen oder Gewalt" gezwungen werden, nach Tschechien zurückzukehren. "Personen, die aus begründeter Furcht vor Verfolgung nach Österreich geflüchtet sind, haben einen Rechtsanspruch auf ein faires Asylverfahren. (...) Dieses wichtige Menschenrecht muss in Österreich auch dann gewährleistet werden, wenn die Aufnahmekapazität der Bundesbetreuung (angeblich) erschöpft sind."

Vorwürfe nicht entkräftet

"Aus menschenrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob die betreffenden Personen (in der Mehrzahl Flüchtlinge aus Tschetschenien) durch Drohungen oder ähnliche Maßnahmen (...) daran gehindert werden, ihr Recht auf Asyl durch Einbringung eines Asylantrags (...) geltend zu machen." Das persönliche Gespräch der Kommissionsmitglieder mit dem Fremdenreferenten der BH Gmünd habe "nicht dazu beigetragen, diese Vorwürfe zu entkräften", sondern "habe diese eher bestätigt", zitiert der "Falter" aus dem Bericht der Kommission unter Leitung des Völkerrechtlers Manfred Nowak.

Aktiver Asylantrag

Bei einem der 74 abgeschobenen Tschetschenen sei "in der Niederschrift ein aktiver Asylantrag vermerkt, gleichzeitig wurden ein Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt" worden. "Auf dem dazugehörigen Laufzettel ist die Rubrik 'Asylantrag' mit 'nein' beantwortet." Von mindestens 15 der über 70 Tschetschenen waren laut Menschenrechtsbeirat nicht einmal Akten oder ein Anhalteblatt auffindbar.

Von 98,5 Prozent zu Bruchteil

Auffällig sei, dass der Sicherheitsdirektor von Niederösterreich noch wenige Woche zuvor in einem Schreiben betont habe, dass in Gmünd 98,5 Prozent aller aufgegriffenen Personen einen Asylantrag stellten. Seit 1. November sei es aber nur mehr ein Bruchteil. Die Begründung der Beamten laut dem Bericht: Auf Grund einer Weisung würden nun Beamte der Bezirkshauptmannschaft Gmünd die Ersteinvernahme selbst durchführen. "Diese Tatsache dürfte damit zusammenhängen, dass laut Auskunft des Innenministeriums die Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge in Österreich im Rahmen der Bundesbetreuung erschöpft seien und dass Flüchtlingen ,geraten' werde, ,freiwillig' nach Tschechien zurück zu kehren", meint der Menschenrechtsbeirat dazu.

Erlass gegen Familien-Trennung ausgesetzt

Ebenfalls auf Grund einer Weisung - "zu der es angeblich keine schriftlichen Unterlagen gibt" - sei "der Erlass, wonach Familien nicht getrennt werden dürfen auf unbefristete Zeit ausgesetzt'". De facto heißt das laut Menschenrechtsbeirat, "dass von Ehepaaren oder Familien die Männer in Schubhaft genommen, Frauen und Kinder hingegen nach Traiskirchen gebracht werden". Die Gmündner Beamten begründeten das laut dem Bericht so: "Die kriminellen Handlungen könnten regelmäßig den Medien entnommen werden."

Sicherheitsdirektion weist Vorwürfe zurück

Die niederösterreichische Sicherheitsdirektion weist die im "Falter" bekannt gewordene Kritik des Menschenrechtsbeirates an der Asylpraxis des Grenzpostens Gmünd zurück. "Völlig aus der Luft gegriffen" sei, dass man Asylantragsteller durch Ausübung von Drohungen und Gewalt zur Rückkehr nach Tschechien zwingen würde, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Dies werde auch dur die vorliegenden Zahlen bestätigt, nach denen in den letzten Monaten bei ca. 50 Prozent der aufgegriffen Fremden Asylanträge angenommen worden seien. Ebenfalls zurück gewiesen wurden Vorwürfe, wonach man Fremde durch Drohungen oder ähnliche Maßnahmen hindern würde, ihr Recht auf Asyl geltend zu machen. "Damit es zu keinen ungerechtfertigten Zurückschiebungen kommt, werden die niederschriftlichen Einvernahmen mit den Fremden durch eigens geschulte Behördenorgane der Bezirkshauptmannschaft Gmünd unter Beiziehung eines Dolmetscher der jeweiligen Landessprache durchgeführt", heißt es.

Was die Verhängung von Aufenthaltsverboten und Schubhaften betrifft, verweist die Sicherheitsdirektion auf die Entscheidungen von Verwaltungsgerichtshof und Unabhängiger Verwaltungssenat, von denen diese Vorgangsweise "für rechtmäßig befunden" worden sei. Der "Falter" berichtete von einem abgeschobenen Tschetschenen, bei dem "in der Niederschrift ein aktiver Asylantrag vermerkt" gewesen sei, gleichzeitig aber ein Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt wurde. (APA)