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Foto: REUTERS/Shamil Zhumatov
El Daur - Zur schwierigen Vergangenheitsbewältigung im Irak gehört auch dieses Kapitel: Niemand weiß derzeit, was mit dem engen Erdloch geschehen soll, das am 13. Dezember 2003 ins Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit geriet, als US-Soldaten dort Saddam Hussein entdeckten und festnahmen. Schon jetzt ist das Versteck auf dem Bauernhof in El Daur, rund 180 Kilometer nördlich von Bagdad, Magnet für US-Soldaten, die vor ihrer Abberufung aus dem Irak noch einmal für ein Foto vor der Stätte des amerikanischen Triumphs posieren. Bevor dort aber am Ende Postkarten, T-Shirts und Souvenirs verkauft werden, will die US-Armee dem Ganzen Einhalt gebieten und den Ort dem Erboden gleichmachen. Das aber löst bei den meisten Irakern Unmut aus.

"Es ist nicht an uns zu entscheiden, was mit dem Ort der Gefangennahme geschehen soll", sagt die US-Offizierin Josslyn Aberle von der 4. Infanteriedivision. "Aber wir würden gern die Empfehlung aussprechen, diesen Ort zu beseitigen." Das Erdloch habe das Potenzial, zu einer Touristenattraktion zu werden. Dies sei aber angesichts der andauernden US-Militäreinsätze in der Region viel zu gefährlich. El Daur liegt im "sunnitischen Dreieck", jenem Schwerpunkt des gewaltsamen Widerstandes gegen die Besatzungstruppen, wo fast täglich US-Soldaten und Zivilisten bei Anschlägen getötet werden.

Für viele Iraker - "Ort der Schande"

Für viele Bewohner El Daurs machte die Festnahme des einstigen Herrschers von Bagdad unmittelbar vor ihrer Haustür ihr Dorf zu einem "Ort der Schande", der den Verrat am irakischen Volk symbolisiere; dennoch wollen nur wenige, dass das Erdloch verschwindet. "Warum wollen sie denn diesen Ort zerstören? Haben sie Angst, dass Saddam Hussein zurückkommt und sich dort noch einmal versteckt?" fragt der pensionierte Lehrer Abdul Jaber Omar el Douri. Der junge Saddam Hussein war 1959 schon einmal auf dem Bauernhof in El Daur untergetaucht, nachdem ein Mordanschlag auf den damaligen irakischen Staatschef General Abdulkarim Kassem fehlgeschlagen war. "Ob sie nun das Loch beseitigen oder nicht - dieser Ort sollte erhalten bleiben, um zu bezeugen, was dort geschehen ist", sagt Douri.

Seit dem 13. Dezember ist das kümmerliche Versteck, in das sich der Ex-Diktator mit ein paar Habseligkeiten und einem Geldkoffer geflüchtet hatte, abgeriegelt und streng bewacht. Nur einige US-Armeeangehörige, prominente Vertreter der Besatzungsmächte und Journalisten konnten den Ort bisher besichtigen.

Ort als Zeuge von Geschichte

Der wachhabende Leutnant der irakischen Zivilverteidigung, Saddam Ragher, hat keine Zweifel, dass sich Besucherströme einstellen, sollte der Platz freigegeben werden. "Jeder will doch den Ort sehen, wo der Mann, der einst den Irak beherrschte und in den schönsten Palästen lebte, geendet ist", sagt er. Aber auch Ragher will die Stätte nicht zerstört sehen. "Dieser Ort, wie das ganze Land, gehört nicht mehr Saddam Hussein. Er gehört dem irakischen Volk und sollte erhalten werden, um uns als Zeuge daran zu erinnern, was geschehen ist." (APA/AFP/Barry Neild)