Irak
<b>Pressestimmen: </b> "USA mit leeren Händen"
Die Diskussion über die Kriegsgründe ist in den USA neu entfacht
Zürich/Berlin/Düsseldorf/London - Die Erklärungen
des zurückgetretenen amerikanischen Waffeninspektors im Irak, David
Kay, dass der gestürzte Staatschef Saddam Hussein über keine
Massenvernichtungswaffen verfügt habe, hat in den Vereinigten Staaten
die Diskussion über die Kriegsgründe neu entfacht und wird am Montag
von mehreren Blättern kommentiert."Neue Zürcher Zeitung":
"Für die Administration Bush sind die Äußerungen von Kay peinlich,
weil Washington den Irak-Krieg mit dem Vorhandensein von biologischen
und chemischen Waffen begründet hat. Die Existenz solcher Waffen war
auch die Basis der Resolution 1441 des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen vom November 2002. In besonderem Maße peinlich sind Kays
Äußerungen für Außenminister Powell, der im Februar vorigen Jahres
vor dem UNO-Sicherheitsrat eine Reihe von Geheimdienstangaben
vorgetragen hatte, aus denen angeblich hervorging, dass der Irak über
entsprechende Produktionsmöglichkeiten verfügte. Der Minister hat
inzwischen eingeräumt, dass der Irak solche Waffen wahrscheinlich
nicht mehr besessen habe. (...) Mittlerweile kann es als sicher
angesehen werden, dass die Geheimdienstberichte über das irakische
Waffenpotenzial im Jahre 2002 zumindest übertrieben waren."
Handelsblatt
"'Der Irak hatte keine Massenvernichtungswaffen. Macht das etwas?'
fragte ein großer US-Fernsehsender seine Zuschauer. Diese Frage
müssen Amerikas Bürger bei der Wahl ihres Präsidenten im November
beantworten. Der jetzige Amtsinhaber hat seinen Krieg gegen den Irak
bekanntlich mit einer eindeutigen und unmittelbaren Gefahr durch
irakische Massenvernichtungswaffen begründet. Jetzt ist der oberste
Waffeninspekteur der USA im Irak, David Kay, zurückgetreten. Und er
hat die Welt wissen lassen, dass Saddam Hussein seiner Meinung nach
schon seit den neunziger Jahren keine Massenvernichtungswaffen mehr
besessen habe. Kay ist kein linker Bush-Gegner. Er ist ein
gewissenhafter Experte, den der Präsident selbst für die Waffensuche
ausgesucht hat.
Während das Weiße Haus noch bei der Devise bleibt
'Weil nicht sein darf, was nicht sein kann', hat US-Außenminister
Powell die Bedeutung des Expertenurteils als Erster erkannt. (...)
Saddam Hussein war ein verbrecherischer Tyrann und hat seinen Sturz
mehr als verdient. Die Welt ist besser dran ohne ihn. Das
rechtfertigt jedoch nicht nachträglich den Irak-Krieg. Dieser wurde
anders begründet und offenbar unter einem Vorwand geführt. Ob die
Welt dabei bewusst hinters Licht geführt wurde, werden vermutlich
erst die Historiker entscheiden. Die Amerikaner müssen darauf jedoch
nicht warten, sie können im November wählen."
The Independent
"Kay hat Blairs Rechtfertigung für den Einmarsch im Irak
hinweggefegt. Blair hatte im Vorfeld des Krieges wiederholt
behauptet, dass Saddams Waffen eine wachsende und aktuelle Bedrohung
darstellten. Auf dieser Basis traf er die wichtigste Entscheidung,
die ein Premierminister treffen kann, nämlich britische Soldaten in
den Kampf zu schicken. Der Konflikt untergrub außerdem die Vereinten
Nationen, spaltete die EU, destabilisierte den Irak und nährte die
Bedrohung durch den Terrorismus. Jetzt haben wir die Bestätigung
durch die Quelle mit der größten Autorität, dass Großbritannien auf
Grund einer falschen Voraussetzung daran teilnahm..." (APA/dpa/AFP)