Prag - Die größte tschechische Regierungspartei, die Sozialdemokraten (CSSD) von Ministerpräsident Vladimir Spidla, sind 14 Jahre nach der Wende mit einer Abwanderung ihrer Wähler in Richtung Kommunisten (KSCM) konfrontiert. Dies geht aus einer von der Prager soziologischen Agentur Stem durchgeführten Wählerumfrage hervor, deren Ergebnisse am heutigen Donnerstag in Medienberichten veröffentlicht wurden. Die CSSD, die im Juni 2002 die Parlamentswahl mit mehr als 30 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, würde derzeit nur auf 16,5 Prozent der Stimmen kommen und damit den dritten Platz belegen.

Konservative an der Spitze

Klar an der Spitze der Wählerumfragen der vergangenen Monate etablierte sich die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS), die sich seit 1997 in Opposition befindet. In der jüngsten STEM-Befragung erhielt ODS 33,9 Prozent der Stimmen. An zweiter Stelle steht KSCM mit 19,5 Prozent, die damit ihre Position als stärkste Linkspartei Tschechiens bestätigen konnte. "Die Kommunisten haben sich fest in der politischen Landschaft etabliert. Sie sind nicht mehr eine Partei am Rande, sondern man muss mit ihnen rechnen, ob es einem nun gefällt oder nicht", meinte STEM-Chef Jan Hartl. Vor einem Jahr lag KSCM in derselben STEM-Befragung mit 12,7 Prozent an dritter Stelle hinter ODS und CSSD.

Aus der STEM-Befragung geht weiters hervor, dass fast ein Fünftel der CSSD-Wähler in der Zwischenzeit zu KSCM übergelaufen ist. Das ist nach Auffassung der Meinungsforscher vor allem auf die schon beschlossenen beziehungsweise in Aussicht gestellten Sparmaßnahmen der Regierung Spidla zurückzuführen. "Die jetzigen Ergebnisse zeigen jedoch, dass das Wachstumspotential der Kommunisten offenbar noch nicht ausgeschöpft ist", so Hartl.

Stabile Präferenzen weist die an der Regierung beteiligte christdemokratische Volkspartei (KDU-CSL) auf, die in der jüngsten STEM-Befragung 8,4 Prozent erzielte. Die rechtsliberale Freiheitsunion (US-DEU), die auch Regierungspartei ist, befindet sich weiterhin in einer Krise. Sie könnte nur mit einer Unterstützung von 2,6 Prozent rechnen, womit sie weit unter der bei fünf Prozent liegenden Wahlhürde bliebe.

Unterdessen haben innerhalb der Regierungskoalition Verhandlungen über eine Änderung des Wahlsystems begonnen. Im Gespräch ist etwa, die Wahlhürde auf drei Prozent herabzusetzen. Darüber hinaus könnten das Verhältnisprinzip gestärkt und die vor den Wahlen 2002 eingeführten Elemente des Mehrheitsprinzips abgeschafft werden. Dagegen protestiert die Partei ODS scharf, die schon seit Jahren ein reines Mehrheitswahlrecht wie beispielsweise in Großbritannien oder Frankreich fordert. (APA)