Der Streit um die EU-Finanzen hat nun auch die Asyl- und Einwanderungspolitik erfasst: Trotz Warnungen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge, Ruud Lubbers, wonach die EU-Beitrittsstaaten nach der Erweiterung der Union mit mehr Asylbewerbern und Immigranten rechnen müssten, wollen die künftigen EU-Binnenländer Österreich und Deutschland ihnen nicht mit zusätzlichem Geld unter die Arme greifen. Uneinigkeit herrschte beim Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Dublin auch weiter über die geplanten EU-Gesetze zum Asylverfahren.

Deutschland und Österreich werden ab 1. Mai außer zur Schweiz keine EU-Außengrenzen mehr zu schützen haben, viele Einwanderer und Asylbewerber werden daher nach dem EU-Asylrecht in den Zuständigkeitsbereich der Beitrittsländer fallen.

"Wir wollen unseren Beitrag nicht erhöhen. Die neuen Mitgliedstaaten haben durch den Beitritt viele Vorteile, sie müssen auch die Lasten übernehmen", sagte der deutsche Innenminister Otto Schily am Rande des Treffens in Dublin. "Außerdem ist unsere Erfahrung, dass viele Menschen in Deutschland am Ende ankommen, egal, ob wir eine Außengrenze haben oder nicht", fügte er hinzu.

"Österreich musste in der Vergangenheit den gesamten Grenzschutz allein tragen", betont Innenminister Ernst Strasser in Dublin gegenüber dem STANDARD. "Wir haben da viel investiert, das war unsere Vorleistung", sagt er. Er spreche sich zwar für eine Mitverantwortung der EU-Binnenländer für die Außengrenzen aus, Wien wolle das aber nicht über einen erhöhten EU-Nettobeitrag finanzieren. "Da soll sich die EU nach eigenen Finanzquellen umschauen", unterstreicht Strasser die Forderung von Kanzler Wolfgang Schüssel nach einer EU-Steuer.

Für die Organisation gemeinsamer EU-Charterflüge zur Rückführung illegaler Einwanderer jedenfalls ist EU-Geld da: EU-Innenkommissar António Vitorino kündigte an, 30 Millionen Euro von 2005 bis 2006 bereitzustellen.

EU-Asylbehörde

Anders als Schily unterstützte Strasser in Dublin die Forderung von UN-Kommissar Lubbers nach einer gemeinsamen EU-Asylbehörde und einer EU-Überprüfungsinstanz für Asylverfahren.

Auf den vor allem von Strasser betriebenen Plan, in die weiter umstrittene EU-Richtlinie über Asylverfahren eine Liste sicherer Drittstaaten aufzunehmen, gab es am Donnerstag noch keine Einigung, wie Innenminister Schily mitteilte. Es zeichne sich aber eine Mehrheit für eine solche Liste ab. Strasser selbst sprach von einem "Durchbruch". Ruud Lubbers mahnte, eine Drittstaatenliste dürfe nicht die rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten für Flüchtlinge völlig aushebeln. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2004)