Die Beschwerden national gesinnter Kroaten über die magyarische Bevormundung fanden in Wien kaum Gehör. Der Konflikt um Bosnien-Herzegowina und die für Serbien erfolgreich abgeschlossenen Balkankriege gaben den Nationalisten Auftrieb, gemeinsam mit den Serben eine südslawische Lösung zu suchen. Allerdings konnten die Kreise, die darauf ihre propagandistischen Aktivitäten richteten, der Zustimmung des Volkes keineswegs gewiss sein, denn anders als in Zisleithanien verweigerte Ungarn seinen Bewohnern das allgemeine Wahlrecht (in Österreich saßen seit 1907 auch Vertreter kroatischer Parteien aus Istrien und Dalmatien im Parlament).

Während sich die kroatischen Soldaten der k.u.k. Armee im Ersten Weltkrieg loyal zur Monarchie verhielten, setzten sich Emigrantengruppen bei der Entente für einen gemeinsamen südslawischen Staat ein. Nachdem Serbien nach Kriegsausbruch 1914 die Befreiung aller Serben, Kroaten und Slowenen aus dem habsburgischen "Völkerkerker" zum Kriegsziel erklärt hatte, bildeten die Emigranten einen "Jugoslawischen Ausschuss". Allerdings mussten die Kroaten sogleich zur Kenntnis nehmen, dass die Entente auf ihren Versprechungen, Italien für dessen Kriegseintritt auch Dalmatien und Istrien zu überlassen, beharrte.

Als Kaiser Karl im Frühjahr 1917 die Forderungen der slowenischen und kroatischen Abgeordneten im Reichsrat nach einer "trialistischen" Änderung der Monarchie ignorierte, traten die Emigrationsvertreter am 20. Juli 1917 der von der serbischen Exilregierung auf Korfu initiierten Deklaration für eine staatliche Gemeinsamkeit des "dreinamigen Volkes" bei. Im Oktober 1918 war die Niederlage der Mittelmächte besiegelt, die Habsburgermonarchie löste sich auf. In Zagreb wurde ein Nationalrat der Vertreter der südslawischen Gebiete des bisherigen Österreich-Ungarn gebildet. Am 29. Oktober 1918 proklamierte er einen "Staat der Slowenen, Kroaten und Serben"; die Entente versagte ihm die Anerkennung, sie setzte ganz auf Serbien. Am 1. Dezember 1918 verkündete der serbische Prinzregent Alexander die Bildung des "Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen" (SHS-Staat).

Die Begeisterung insbesondere der bäuerlichen Bevölkerung Kroatiens hielt sich in Grenzen. Vielmehr hatte der Politiker Stjepan Radic, der bereits 1904 die Kroatische Bauernpartei gegründet hatte und nun statt des serbischen Königtums eine kroatische Bauernrepublik forderte, großen Zulauf. Viele Kroaten waren über Benachteiligungen der ehemals habsburgischen Gebiete unzufrieden, dazu kam die Verärgerung der Militärs, die wenig Chancen hatten, in das serbisch dominierte Offizierskorps aufgenommen zu werden. Im Laufe des Jahres 1919 brachen sogar regionale Aufstände aus, sie wurden von serbischen Truppen niedergeschlagen. Auch die Enttäuschung über die Pariser Friedensverträge war in Kroatien beträchtlich. Zwar kam nach langwierigen Verhandlungen der größere Teil Dalmatiens an Jugoslawien, hingegen wurde Istrien italienisch, und für Fiume/Rijeka setzte sich nicht einmal eine Freistaat-Lösung durch. Nachdem der Dichter D'Annunzio die Hafenstadt mit Freischärlern besetzt hatte, musste sie letztendlich Italien überlassen werden; Jugoslawien baute darauf den Grenzort Susak zum Adriahafen aus.

Obwohl die Verfassung des Königreichs Jugoslawien dieses als nationalen Einheitsstaat verstand und eine Verwaltung nach französischem Vorbild ohne Rücksicht auf historische Regionen aufbaute, traten in den nun gebildeten Parteien die nationalen Unterschiede sofort hervor; lediglich die Kommunistische Partei war übernational, musste aber bald in die Illegalität und trat in der Komintern jahrelang für die Zerschlagung Jugoslawiens ein. Radic' Bauernpartei, die sich noch lange "republikanisch" nannte, boykottierte zunächst das Parlament in Belgrad, dann bildete sie den Kern der Opposition. Als Radic bei einer Reise in die Sowjetunion der dort gegründeten "Bauerninternationale" beitrat, musste er bei seiner Rückkehr ins Gefängnis. Dennoch wurde seine Partei bei den Wahlen zur eindeutig stärksten Kraft in Kroatien. Die daraufhin von Belgrad versuchte Einbindung Radic' in die Regierung hatte keinen dauernden Erfolg. In der Skupschtina, dem jugoslawischen Parlament, kam es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Am 20. Juni 1928 eröffnete ein montenegrinischer Abgeordneter in der Parlamentssitzung das Feuer auf die Bänke der kroatischen Opposition; unter den vier Toten war auch Radic.

Am immer häufiger gewaltsam ausgetragenen Gegensatz zwischen Serben und Kroaten erwies sich die Annahme als Illusion, dass allein die gemeinsame Sprache - von den Linguisten als "Serbokratisch" eingestuft - die Einheit eines Staates sichert. Sowohl konfessionell als auch durch tausend Jahre Geschichte getrennt, waren die Konflikte zwischen den orthodoxen Serben, die den Staat dominierten, und den katholischen Kroaten nicht einzudämmen. Am 6. Jänner 1929 verkündete König Alexander seine Diktatur; so wie in vielen anderen Staaten des damaligen Europa schien die Demokratie auch in Jugoslawien eine politische Sackgasse.

Die radikalsten kroatischen Nationalisten, unter ihnen der Führer der kleinen rechtsextremen Ustascha ("Aufständische"), Ante Pavelic, gingen nun ins Exil. Vor allem im faschistischen Italien fand er Unterstützung. Ihren separatistischen Forderungen versuchte die Ustascha nun durch Terrorakte in Jugoslawien Nachdruck zu verleihen. Ein Ustascha-Aufstand im Lika-Gebirge wurde niedergeschlagen, Pavelic entkam wieder ins Ausland. Die Ustascha nahm Verbindung mit den von Bulgarien gesteuerten mazedonischen Irredentisten auf. Deren größter "Erfolg" war die Ermordung König Alexanders bei einem Besuch in Marseille (1934).

Radic' Nachfolger an der Spitze der Bauernpartei, Vladko Macek, hatte eine Föderalisierung Jugoslawiens gefordert und war dafür zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach dem Tod des Königs wurde er begnadigt. Die Nachkriegsordnung geriet durch den "Anschluss" Österreichs, die Zerschlagung der Tschechoslowakei und die Besetzung Albaniens durch Italien in Auflösung. Mussolini versprach Macek für den Fall des Abfalls Kroatiens Hilfe. Doch nun stimmte Belgrad einer Autonomie Kroatiens, vereinbart im so genannten "Sporazum", zu. Dem kroatischen Gebiet wurden auch Dalmatien und Westbosnien (mit Mostar) einverleibt. Prinzregent Paul beugte sich dem Druck Deutschlands und glaubte, durch den Beitritt zum Dreimächtepakt (25. März 1941 im Wiener Belvedere) die Einheit des jugoslawischen Staates gerettet zu haben. Zwei Tage später war alles anders . . .(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18. 1. 2004)