Berlin - Deutsche Unternehmen werden nach Einschätzung der Amerikanischen Handelskammer trotz des offiziellen Ausschlusses durch die USA am Aufbauprogramm im Irak zum Zuge kommen. "Wir hoffen, dass bei der nächsten Bieterkonferenz deutsche Unternehmen dabei sein werden", sagte Dierk Müller, Geschäftsführer der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, am Freitag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings hätten deutsche Firmen trotz des Ausschlusses als Generalunternehmen die Möglichkeit, sich auf zweiter oder dritter Ebene zu beteiligen, sagte Müller. "Es war bei Insidern schon immer klar, dass der Ausschluss differenziert zu beurteilen ist."

Das Problem liege somit nicht so sehr in einer wirtschaftlichen Benachteiligung Deutschlands, erläuterte Müller. "Man ist nicht besorgt um Gleichberechtigung in wirtschaftlicher Hinsicht, es geht darum, dass man politisch plakativ zurückgesetzt wird", sagte er. "Aus deutscher Sicht ist es überflüssig, dass jeden Tag wieder gesagt wird, ihr wart ja nicht dabei."

Länder wie Deutschland, Frankreich und Russland gehörten zu den entschiedensten Gegnern des von den USA angeführten Kriegs im Irak. Bisher hatte sich die Vergabe von Aufträgen für den Wiederaufbau im Irak danach gerichtet, ob die Herkunftsländer der ausführenden Firmen die USA unterstützt hatten. Die nächste vom US-Verteidigungsministerium geplante Konferenz für Unternehmen, die sich am Wiederaufbau im Irak beteiligen wollen, ist für den 21. Jänner anberaumt. Allerdings hatten die USA vor kurzem überraschend erklärt, auch Firmen aus dem kriegskritischen Kanada dürften sich in Zukunft an den Ausschreibungen um Aufträge in Höhe von 18,6 Milliarden Dollar (14,9 Mrd. Euro) beteiligen.

Kanada sei ein wichtiger Partner in Nordamerika, sagte Müller. "Da kann man es nicht lange durchhalten, Kanada auszuschließen." Zudem sei es so, dass die US-Außenpolitik auf mehreren Ebenen gestaltet werde. "Das ist nicht immer so aus einem Guss." Aber bis zu den Wahlen im November müsse Präsident George W. Bush das Thema Irak in den Griff bekommen - sowohl sicherheitspolitisch wie auch wirtschaftlich. "Und die Reserven der USA sind nicht unerschöpflich, da muss man das Thema Irak auf mehrere Schultern verteilen." Dafür müsse man auf andere Nationen schauen. Die Zeit spiele also für eine breitere multinationale Beteiligung am Wiederaufbau.

Mittelfristig werde der Irak sicherlich interessant für Investoren, sagte Müller. "Das setzt aber friedliche, ordentliche Verhältnisse voraus und dass es Ausfallbürgschaften vom Staat oder von der Weltbank gibt." Schließlich fließe aus dem Irak noch kein Geld, da die Ölexporte noch nicht wieder Normalniveau erreicht hätten und das Land hohe Auslandsschulden habe. Vor allem müsse die Infrastruktur aufgebaut werden, und dies bedeute für Deutschland, dass es sich an der medizinischen Versorgung wie auch etwa am Aufbau der Wasser- und Stromversorgung beteiligen könnte. "Siemens darf jetzt bereits am Aufbau der Telekommunikation mitwirken." (APA/Reuters)