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Bei einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze muss das gesamte Kindergeld zurückgezahlt werden. Für Christoph Klein eine "unmenschliche Regelung"
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Wien - Eine Neuregelung der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld, aber nicht deren Abschaffung, fordert Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel. Die Rückzahlungsdrohung für 11.000 Bezieherinnen von Kindergeld, weil sie über der Zuverdienstgrenze gelegen seien, wirke wie eine "sozialpolitische Bombe", so Tumpel in einer Aussendung.

Der Leiter des Sozialbereichs der Arbeiterkammer, Christoph Klein, machte zuvor im Ö1-Morgenjournal darauf aufmerksam, dass 2002 jede/r fünfte BezieherIn von der Zurückzahlung des Kindergeldes betroffen sei. Klein bezeichnete die Regelung als "unsinnig" und "unmenschlich", weil bei einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze das gesamte Kindergeld zurückgezahlt werden muss. Das könne bei manchen Familien bis zu einem Drittel des Jahreseinkommes ausmachen.

Wahlmöglichkeit

Tumpel kann sich künftig eine Wahlmöglichkeit für KindergeldbezieherInnen vorstellen. Entweder sie bleiben einkommensmäßig - unabhängig vom Ausmaß der Arbeitszeit - unter der Zuverdienstgrenze wie bisher, oder aber sie arbeiten - unabhängig von der Einkommenshöhe - Teilzeit. Als Teilzeitgrenze bietet sich jene nach der früheren Regelung des Teilkarenzgeldes an, also drei Fünftel der Vollarbeitszeit. Das sind bei einer 40-Stunden-Woche 24 Wochenstunden.

Der AK-Präsident gab zu bedenken, dass dies auch zur Verbesserung der Chancengleichheit der Frauen im Erwerbsleben wichtig sei. So könnten auch jene Frauen, die einen Arbeitsplatz mit durchschnittlichem oder sogar überdurchschnittlichem Einkommen erreicht haben, den Wiedereinstieg in Form von Teilzeitarbeit machen und damit ihre Chancen auf Erhalt des Arbeitsplatzes massiv verbessern, ohne gleich das ganze Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen zu müssen.

Zuverdienstgrenze notwendig

Tumpel fordert nicht wie die SPÖ-Bundesfrauensprecherin die vollkommene Abschaffung der Zuverdienstgrenze. Ohne Zuverdienstgrenze wäre der Anreiz für Frauen, drei Jahre zu Hause zu bleiben stärker und damit würden die derzeit schon schlechten Chancen auf einen erfolgreichen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt verringert.

Beispiele für Rückzahlungen

Tumpel kritisierte weiters, dass die Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro im Jahr schwer durchschaubar konstruiert sei. Es hänge von der jeweiligen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Position der betreffenden Person ab, welches Bruttoeinkommen noch zulässig ist. Für monatliche Bruttoeinkommen, an denen sich ArbeitnehmerInnen orientieren können, empfiehlt die AK einen Richtwert von 1.140 Euro brutto/Monat, der nicht überschritten werden soll. Wer darüber liegt, läuft Gefahr, das ganze Kinderbetreuungsgeld für das betreffende Kalenderjahr zurückzahlen zu müssen. Es gebe zwar eine Härtefallverordnung, die unvorhersehbare Überschreitungen bis zu maximal 10 Prozent zulasse. Die Voraussetzungen dafür seien aber in jedem Einzelfall zu prüfen, "und wenn auch die 10-prozentige Überschreitung ausgeschöpft ist, kommt es auf jeden Fall zum Wegfall des gesamten Kinderbetreuungsgeldes", so Tumpel in einer Aussendung.

Sonderfall Zuschuss zum Betreuungsgeld Noch härter sei die Zuverdienstregelung für die ärmsten unter den KinderbetreungsgeldbezieherInnen, nämlich die Bezieherinnen des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld: Bis 2003 durften sie nur 3.997 Euro dazuverdienen, heuer wurden sie auf bescheidene 5.200 Euro jährlich angehoben (entspricht einem Bruttomonatsbezug von 406 Euro). Damit könnten sie weniger Gesamteinkommen erwirtschaften als die Kinderbetreuungsgeldbezieherinnen ohne Zuschuss, kritisiert die AK. Sie kommen mit Kinderbetreuungsgeld plus Zuschuss und plus Einkommen auf maximal 950 Euro netto im Monat, die Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen ohne Zuschuss schaffen hingegen bis zu 1.300 Euro. Überschreiten die ZuschussbezieherInnen (AlleinerzieherInnen, Familien mit geringem Einkommen) die Zuverdienstgrenze von 5.200 Euro (bis zum Vorjahr 3.997 Euro), müssen sie den gesamten Zuschuss für das betreffende Kalenderjahr zurückzahlen.

Angleichung Beim Zuschuss fordert die AK auch die Anhebung der Zuverdienstgrenzen für die Zuschussbezieherinnen auf die gleiche Höhe wie beim Kinderbetreuungsgeld ohne Zuschuss. Außerdem soll die derzeit unverständliche Einkommensdefinition auf das für ArbeitnehmerInnen relevante Bruttoeinkommen umgestellt werden. Beispiel 1: Rückzahlung Kinderbetreuungsgeld: Frau M. ist Angestellte. In der Karenz von März bis Dezember 2002 arbeitete sie in Teilzeitkarenz mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.300 Euro. Ihr Nettoeinkommen beträgt in diesen 10 Monaten 11.408 Euro. Frau M. geht davon aus, dass damit ihr anteiliges Einkommen unter der gesetzlichen Zuverdienstgrenze von 14.600 (anteilig für 10 Monate = 12.167 Euro) liegt. Tatsächlich überschreitet aber ihr für die Zuverdienstgrenze relevantes Einkommen (die "steuerliche Bemessungsgrundlage") mit 13.917 Euro die Zuverdienstgrenze und auch den 10-prozentigen Spielraum laut Härtefall-Verordnung. Frau M. muss daher das für 10 Monate empfangene Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 4.359 Euro zur Gänze zurückzahlen. Dadurch gehen ihr nachträglich 28 Prozent des Jahreseinkommens verloren. Beispiel 2: Rückzahlung des Zuschusses: Frau K. ist Alleinerzieherin und bezog so wie in Beispiel 1 von März bis Dezember 2002 Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss. Der Zuschuss betrug für diese 10 Monate 1.854 Euro (6,06 x 306 Tage), das Kinderbetreuungsgeld betrug für diesen Zeitraum 4.359 Euro. Das macht zusammen 6.213 Euro. Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, macht Frau K. Aushilfsjobs und verdient in diesen 10 Monaten 346 Euro brutto im Monat dazu. Das macht in Summe netto 3.331 Euro. Die Zuverdienstgrenze für den Zuschuss betrug 2002 also 3.997 Euro, anteilig für die 10 Monate daher 3.331 Euro. Frau K. ist daher der Ansicht, die Zuverdienstgrenze nicht überschritten zu haben. Tatsächlich beträgt ihr für die Zuverdienstgrenze relevantes Einkommen aber 3.705 Euro. Das Dazuverdienen hat Frau K. also nicht viel gebracht. Weil sie 3.331 Euro netto verdient hat, verliert sie den Zuschuss von 1.854 Euro. Das heißt, ihr bleiben de facto nur 1.477 Euro von ihrem Zuverdienst. (APA/red)