Wien - SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer sieht angesichts dessen,
was von den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ zum Thema Besetzung des
Rechnungshof-Präsidentenamts diskutiert werde, "eine
Demokratieverweigerung der Regierung". Denn es könne nicht so sein,
dass die Kontrollore aus den eigenen Reihen kämen, wie dies etwa der
Fall wäre, würde der amtierende Finanzstaatssekretär Alfred Finz (V)
Nachfolger von Präsident Franz Fiedler werden, so der SPÖ-Chef am
Freitag in einer Pressekonferenz.
Demokratische Tradition
Gusenbauer betonte, in Österreich gebe es eine gute demokratische
Tradition, den Rechnungshof-Präsidenten aus den Reihen der Opposition
zu nominieren. Er bestehe dabei nicht auf einem sozialdemokratischen
Kandidaten. Ebenso sei ein grüner oder unabhängiger
Rechnungshof-Präsident vorstellbar.
In der Sozialdemokratie fielen ihm jedenfalls ad hoc drei
geeignete Personen ein, so Gusenbauer. Der SPÖ-Chef nannte dabei den
EU-Abgeordneten Herbert Bösch (S), der sich als EU-Aufdecker einen
Namen gemacht habe, Ewald Nowotny, der nach langjähriger Tätigkeit
als Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank nun nach
Österreich zurückkehre und den früheren SPÖ-Klubchef Peter Kostelka,
der sich als Volksanwalt ebenfalls bereits in einer Kontrolltätigkeit
bewährt habe.
ÖVP offiziell zurückhaltend
Die ÖVP will sich vorerst nicht offiziell zu den
Spekulationen um den nächsten Rechnungshof-Präsidenten äußern. Das
Parlament werde sich "zu gegebener Zeit mit der Neubesetzung dieser
Funktion beschäftigen", meinte VP-Klubobmann Wilhelm Molterer am
Freitag in einer Aussendung. Dem Vernehmen nach soll sich die ÖVP
aber bereits am Ende des letzten Jahres in einem Vorstand auf den
früheren Verteidigungsminister und Dritten Nationalrats-Präsidenten
Werner Fasslabend festgelegt haben.
Finanzstaatssekretär Alfred Finz - der ebenfalls als VP-Kandidat
kolportiert wurde - wäre damit aus dem Rennen. Molter ging darauf in
seiner Aussendung nicht ein. Sämtliche Spekulationen im Vorfeld
würden "jeglicher Grundlage" entbehren, so Molterer. Zum
parlamentarischen Prozedere hielt er fest: In einem Hearing im
Hauptausschuss des Parlaments werde über die Vorschläge der einzelnen
Fraktionen diskutiert und beraten. Der Hauptausschuss erstelle dann
einen Vorschlag, über den im Plenum abgestimmt werde. (APA)