Foto: Kunsthalle
Wien - Künstler, die mit rein technologischem Know-how bluffen und protzen und ein gut funktionierendes Computerprogramm als eigene Leistung preisen, gibt es genug. Frühere so genannte Computer- und Netzkünstler gehen längst schon einen anderen Weg - sie kommentieren, analysieren die von Computer, Codes und Datennetze durchsetzte Westwelt-Gesellschaft etwa mittels banaler Zeichnungen, bringen komplizierte Verhältnisse auf den Punkt.

So etwas wie eine längst fällige Arte Povera der "Computerkunst" inszenieren auf durchaus spielerisch-dadaistische und assoziative Weise die beiden in Berlin lebenden Künstler Martin Ebner (ehemals im Gelatin-Umfeld) und Florian Zeyfang in der Kunsthalle Exnergasse, mit ihren eigenen Arbeiten und jenen von sechs eingeladenen Kollegen.

Eine Art schöpferischer Vorgang entsteht, wenn sich Programmierer beim Erstellen von 3D-Algorithmen eine "Brücke" bauen müssen, selber basteln. Computer für "Arme" eben. Poor Man's Expression leitet sich davon ab.

Und unter dem Begriff steht die durch eine mit zwei Maus- (klick)löchern von Natascha Sadr Haghighian versehene Trennwand quasi gespiegelte Ausstellung. Wie zwei Gesichtshälften, die sich nie gleichen, produziert die quasi binäre Schau zwei Ansichten. Augenscheinlich wie die als Realitätsfragmente versetzten grauen Wandflächen von Bojan Sarcevic. Völlig kindlich stellt Sebastian Luetgert den Musikpiraten"krieg" mit Playmobilfiguren nach - sein Symbol ist der umgestürzte Warenkorb als Symbol für sein Eintreten freien Kopierens, auch in der Musik-Internettauschbörse: "Willkommen im wilden Kazaastan".

Krieg in der Computerspielversion schneidet Eddo Stern, L.A., zu einem 25-Minuten-Video, einer mit sphärischer Kaugummi-Musik untermalten Vietnam-Oper mit lyrischen Passagen bis zu einem Sterbeszenen-Stakkato.

Scheinbar aus dem Bildschirm herausgestiegen ist der Hamburger Underground-Entertainer Rocko Schamoni als thrashiger "Silvesterboy". Er macht sich als Fleisch gewordene, politisch unkorrekte Comicfigur in einer Mischung aus Nonsense und Politkritik Luft. Bei ihm offenbart sich besonders der dünne Grat zwischen "Volltreffer" und "Schwer daneben" bei diesen gewollten Verarmungsbemühungen. Als Reaktion auf Duchamps Dekonstruktion von Illusionsapparaten könnte man Zeyfangs Wandzeichnungen interpretieren.

Das ist grosso modo das Verbindende der Schau, es gilt für Martin Ebners absolut analoge Raumschleifen wie für die Zufallstexte einer Stephanie Taylor. Karg und arm steht die Halle da, alles Brimborium ist abgeräumt. Ein gutes Kontrastmittel zu "Schön und reich". Aber so einfach auch wieder nicht: Ohne Beipacktext wäre man arm dran. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2004)