Hans Platzgumer

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Der österreichische Musiker Hans Platzgumer führt mit "Convertible" seine musikalische Vergangenheit zwischen Underground-Rock und Stubenhock-Elektronik zusammen.


Mit gerade einmal 17 Jahren veröffentlichte der gebürtige Innsbrucker Hans Platzgumer 1989 eines der bis heute atemberaubendsten Dokumente österreichischer Musik. Das laut Hans "mit gutem Gefühl hingeschissene" Album Tod der CD! mit seinem im Alleingang unternommenen Amoklauf in Sachen Trash, Dresch und Rock'n'Roll zeigte ihn damals als würdigen Sohn US-Wahnsinniger wie Hasil Atkins oder dem Legendary Stardust Cowboy. Und zeitgleich untermauerte er mit dem Schräglagen-Pop-Quartett Capers und einer heute ebenso gesuchten einzigen Single seinen Ruf als bis heute bester und mitreißendster heimischer Underground-Act.

1989 gründete Platzgumer, damals schon berühmt für seine nasale und basslose Nasenbärstimme und seine dank einer unter der Schulter steckenden, billigen koreanischen Fender-Stratocaster-Kopie katzenbuckelige Gitarrenhandhabung das heute legendäre Powerrock-Trio HP Zinker. Er spielte sich mit den Zinkern und nebenbei im eher experimentelleren Trio KÖB sowie mit dem Avantgarde-Duo Platzlinger jahrelang durch die besetzten Häuser und alternativen Konzertbühnen Mitteleuropas. Schließlich ging er für einige Jahre mit HP Zinker nach New York, veröffentlichte dort auf renommierten Labels wie Matador oder Thrill Jockey, spielte mit den Lemonheads oder Sonic Youth und begann Filmusik zu studieren.

1995 zog es ihn nach Hamburg, wo er als Bassist bei den Goldenen Zitronen arbeitete. Nebenher begann sich der junge Rocker mit den alten Vorbildern Queen und Deep Purple ab diesem Zeitpunkt mit elektronischer Musik zu beschäftigen. In Hamburg und später in München, schließlich vom Bodensee aus begann der ohnehin nicht geringe Output von Platzgumer endgültig unüberschaubar zu werden. Nicht nur Film-Soundtracks wie etwa für Der weiße Rausch und diverse musikalische Untermalungen für Hörspielproduktionen standen auf dem Plan. Er begann sich auch zwischen Projekten wie Aura Anthropica, Separator, Cube & Sphere, Shinto oder dem wohl mehr als einträglichen Elektro-Pop-Coverversionen-Projekt Queen of Japan auch ein wenig zwischen an Falco angelehntem TripHop, Drum'n'Bass, eckigem Intelligent-Autoren-Techno und "Electro-Clash" zu verlieren.

Wo früher sein symbolisches Kapital eindeutig für eine jeweilige Marke wie eben bei HP Zinker für feisten, neugesichteten 70er-Jahre-Rock stand, herrschte nun Beliebigkeit vor. Und auch Platzgumers jüngste Arbeiten, etwa die lustlose Fingerübung für das aktuelle "Comeback"-Album von Andrè Heller, Ruf und Echo, untermauerten eher einen über die letzten Jahre erarbeiteten Status als zwar professionell agierender Alles- oder Vielkönner, aber emotional eher kalt lassender Hans Dampf in allzu vielen Gassen.

Warum diese längliche Biographie für einen Musiker, der heute mit Mitte 30 schon auf einen schier unüberschaubaren Backkatalog zurückblickt? Das jetzt erscheinende Album seines neuesten Projekts Convertible führt die diversen grundverschiedenen Vorarbeiten seiner Karriere auf einen nicht mehr für möglich gehaltenen gemeinsamen Nenner zusammen.

Zwischen Rock und Elektronik und Nasenbärgesang, zwischen kühlem Ambient und forschen Dancefloor-Rhythmen, zwischen HP Zinker für den Bierbauch und Aura Anthropica fürs Kaffeehaus geht sich hier plötzlich alles wieder aus. So wenig wie hier hat sich Platzgumer seit Ewigkeiten nicht verstellt. Dass bei der Tournee im Februar mehr auf Live-Rock als auf Stubenhock-Elektronik gesetzt wird, dürfte bei der Schwerpunktsetzung Song statt Track auch klar sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2004)