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Kunst-Werke: RAF-Projekt lief Gefahr zum politischen Spielball zu verkommen

Foto: APA/dpa
Berlin - Nach monatelangen Querelen soll die umstrittene RAF-Ausstellung in Berlin jetzt doch ohne Bundesmittel realisiert werden. Die Veranstalter zogen am Montag überraschend ihren Antrag beim Hauptstadtkulturfonds zur finanziellen Förderung der Dokumentations-Schau zur Geschichte der terroristischen "Rote Armee- Fraktion" (RAF) zurück. Die Schau soll jedoch wie geplant im Winter 2004/2005 gezeigt werden. Sie soll durch Spenden und eine Edition finanziert werden, an der sich Künstler und andere Privatpersonen beteiligen können, sagte der Leiter der Kunst-Werke Berlin, Klaus Biesenbach, am Montag.

Mystifizierung befürchtet

Am selben Tag sollte ursprünglich der vom Bund finanzierte Hauptstadtkulturfonds über einen erneuten Antrag zur RAF-Ausstellung entscheiden. Erste Pläne waren auf scharfen Protest von Angehörigen der RAF-Opfer und von Politikern gestoßen, die eine Mystifizierung der Terrororganisation befürchteten. Zudem hatten die Angehörigen kritisiert, dass sie nicht rechtzeitig in die Konzeption der Ausstellung einbezogen worden waren.

Beschränkung auf kritische Reflexion der RAF in Kunst und Kultur

Nach der heftigen öffentlichen Debatte hatten die Kunst-Werke im Herbst ein neues Konzept vorgelegt, das sich ausschließlich auf eine kritische Reflexion der RAF in Kunst und Kultur beschränkt. Die historische Wahrheit über die RAF zu dokumentieren, wie die Öffentlichkeit jetzt erwartet habe, könne eine Kunstausstellung nicht leisten, hatte es geheißen.

Kulturstaatsministerin zog Zuschussbewilligung im Herbst zurück

Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) hatte daraufhin den Anfang 2003 vom Fonds bewilligten Zuschuss in Höhe von 100.000 Euro wieder zurückgefordert und die Kunst-Werke zu einem modifizierten Antrag aufgefordert. Der erste Antrag, für den der Zuschuss gegolten habe, sei hinfällig. Es ging dabei um eine Teilfinanzierung der ursprünglich auf 500.000 Euro veranschlagten Ausstellungskosten.

Kunst-Werke: Projekt lief Gefahr zum politischen Spielball zu verkommen

Biesenbach begründete seine jetzige Entscheidung mit dem "politischen Gerangel" um die Ausstellung. "Das lässt darauf schließen, dass dieses Projekt auch in seinem weiteren Verlauf nicht sachlich an seinen Inhalten gemessen wird, sondern zum politischen Spielball verkommt." Die Kunst-Werke hätten sich die Entscheidung sehr schwer gemacht.

"Wir sind eine relativ kleine Institution, in der alle möglichen Interessengruppen plötzlich mitreden wollten. Aber wessen Ausstellung ist das denn? Das ist unsere Ausstellung!" Die Ausstellung müsse sich der Kritik stellen, wenn sie existiert. "Die öffentliche Debatte, der Verdacht, dass hier etwas Unbequemes entstehen könnte, kann und darf keine Projekte verhindern", betonte Biesenbach.

"Nicht zulassen, dass größerer bleibender Schaden für die freie Kunstszene entsteht"

"Wir werden es nicht zulassen, dass das augenblickliche politische Klima an dem Ausstellungsprojekt zur RAF durchdekliniert wird und dadurch ein noch größerer bleibender Schaden für die freie Kunstszene entsteht." Er dankte ausdrücklich der Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds, der früheren Berliner Kultursenatorin Adrienne Goehler. "Sie hat für uns gekämpft wie eine Löwin." Die zuständigen Stellen müssten jetzt klären, in welcher Höhe die Zuwendung über 100.000 Euro zurückgezahlt werden sollen.

Kulturstaatsministerin fühlt sich bestätigt

Die deutsche Kulturstaatsministerin Christina Weiss betonte in einer ersten Reaktion, jetzt könne die Kunstausstellung weiter vorbereitet werden, "ohne Kritikern die Chance zu geben, die staatliche Unterstützung als Vorwand für politische Polemik zu missbrauchen". Sie fühle sich in ihrer Einschätzung vom Sommer vergangenen Jahres bestätigt, "dass eine Ausstellung zum Thema RAF wichtig und notwendig ist", sagte Weiss der dpa. "Bereits jetzt hat die Debatte über das Ausstellungskonzept bewiesen, dass Kunst in der Lage sein kann, einen neuen Zugang zu brisanten gesellschaftspolitischen Themen zu eröffnen." (APA/dpa)