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Kein gemeinsame Linie? Nationalratspräsident Khol (li) und Kanzler Schüssel.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger
Wien - Der Europaabgeordneter der Grünen, Johannes Voggenhuber, hat Aussagen von Nationalratspräsident Andreas Khol bei einem Gastvortrag an der Universität Tübigen als "erstaunliche Wendung der ÖVP-Linie zur Europäischen Verfassung" gewertet. Während Bundeskanzler Schüssel im Inland seit Wochen euphorische Bekenntnisse zu Kerneuropa abgebe und den Verfassungsprozess damit bereits abgeschrieben habe, beschwöre nun Khol im Ausland die Einheit Europas, sagte Voggenhuber laut Aussendung der Grünen am Montag. "Damit stellt sich die Frage, ob dies nur die Fortsetzung des unreflektierten europapolitischen Schlingerkurses der ÖVP ist, die übliche Doppelpolitik im In- und Ausland oder doch eine echte Korrektur der ÖVP-Linie. Bundeskanzler Schüssel möge nun aufklären, wofür die ÖVP steht", forderte Voggenhuber. Konsenspunkte

Massive Kritik übt Voggenhuber auch an der Aussage Khols, es seien die 80 angeblichen Konsenspunkte der Regierungskonferenz in Brüssel im weiteren Verfassungsprozess als "Besitzstand" zu betrachten. "Es dürfte Khol entgangen sein, dass diese 80 Punkte nur im Kopf des ehemaligen Ratspräsidenten Berlusconi existieren. Die irische Ratspräsidentschaft hat bereits klar gestellt, dass ein solches Konsenspaket nicht existiert", so der Grün-Politiker.

Besonders befremdlich sei daran, dass sich ausgerechnet der Präsident des Nationalrates damit gegen die parlamentarische Mehrheit im Europäischen Verfassungskonvent und auf die Seite der Regierungen stellt. Diese "ominösen 80 Berlusconi-Punkte" würden nämlich "insgesamt einen massiven Angriff auf den Konventsentwurf" darstellen und die Rechte des EU-Parlaments - etwa im Budgetbereich - beschränken. "Khol versteht sich offensichtlich als Regierungsemissäre und nicht als Vertreter des Parlaments", so Voggenhuber. (APA)